Der Fluch der Glücksspiel-Applikationen
In-App-Käufe für 7000 Euro: Apple entschädigt 11-jährigen
Die eklatante Diskrepanz zwischen dem Lotto-Laden ums Eck und der Spiele-Kategorie des App Stores haben wir noch nie verstanden. Während vor dem Ausfüllen der nur 99 Cent teuren 6aus49-Tipps – die sich ohnehin erst ab 18 kaufen lassen – mehrere Warnhinweise der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung abgeschritten werden und Hinweise, dass „Glücksspiel süchtig machen kann“ zur Kenntnis genommen werden müssen, regiert im virtuellen Pendant der pure Anarchismus.
Im App Store lassen sich 10.000 einarmige Banditen laden, die den Gang ins Spielautomaten-Kasino auf einen Griff in die Hosentasche verkürzen und mit In-App-Käufen nur so um sich werfen. High-Roller Packs für 49€ werden hier ebenso häufig angeboten wie der „große Sack Goldmünzen“ für 99 Euro.
Eine miese App Store-Kategorie, die wahrscheinlich schon zahlreichen Anwendern zum Verhängnis geworden ist, sich vor Apple selbst jedoch nicht zu fürchten braucht. Cupertino nennt die Glücksspiel-Anwendungen zwar im letzten Punkt seiner Entwickler-Richtlinien beim Namen – 5.3 Gaming, Gambling, and Lotteries – merkt hier aber lediglich an, dass beim Spielen mit In-App-Münzen keine echten Geldpreise ausgezahlt werden dürfen. Ansonsten haben die einarmigen Banditen weitgehend freie Hand und müssen sich, anders als dänische Dokumentarfilmer, nicht um ein mögliches Einschreiten Apples sorgen.
Im Gegenteil: Sollten die im App Store angebotenen In-App-Käufe für Negativ-Schlagzeilen sorgen, dürfen die verantwortlichen Entwickler sogar auf Apples Rückendeckung hoffen.
Wie die englische BBC jetzt berichtet, hat sich Apple im Fall eines 11-jährigen iPad-Anwenders, der binnen weniger Stunden 7000 Euro in je 99 Euro teure In-App-Käufe investierte, nun dazu entschieden die angefallene Rechnung zu begleichen.
Sicher: Objektiv betrachtet trifft Apple hier erstmal keine Schuld. Passwort-Nachfragen, Familien-Konten und optionale In-App-Sperren bieten Eltern eigentlich ein ausreichendes Maß an Sicherheit. Dennoch darf Apples moralischer Kompass in Frage gestellt werden.
In Zeiten, in denen Cupertino nackte Brüste und iOS-Anwendungen, die über Drohnen-Einsätze der US-Streitkräfte informieren, ohne zu Zögern aus dem App Store wirft, könnte auch das massive Angebot von Glücksspiel-Anwendungen, die verwundbare Opfer zum Kauf virtueller Münzen überreden, zumindest noch mal überdacht werden.