Hoch skalierbar und flexibel im Zugriff
UniFi Protect ausprobiert: Leistungsfähige Videoüberwachung ohne Cloud
Der Bekanntheitsgrad von Ubiquiti hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Hatte sich der Hersteller zunächst auf professionelle Netzwerkkomponenten spezialisiert, bietet er mit den Mesh-WLAN-Systemen AmpliFi HD und AmpliFi Instant mittlerweile auch sehr gute Consumer-Lösungen an.
Mit UniFi Protect hat Ubiquiti ein Videoüberwachungssystem im Programm, das flexibel skalierbar ist und auf lokalen Datenspeicher setzt.
UniFi Protect ausprobiert
Der UniFi Cloud Key Gen2 Plus stellt dabei die zentrale Komponente des Systems dar. Beim Cloud Key handelt es sich wenn man so will um einen kleinen Administrationsserver, der dann auch die gespeicherten Videodaten zum Zugriff bereithält. Ergänzend kann das Gerät auch zur Verwaltung und Konfiguration von UniFi-Netzwerken genutzt werden. Der Cloud Key Gen2 Plus ist mit einem 2-GHz-Prozessor und 3 GB RAM ausgestattet und kommt in der Standardausführung mit einer 1-TB-Festplatte, die alternativ gegen ein Modell mit 5 TB Kapazität getauscht werden kann. Zudem kann eine Speicherkarte für die regelmäßige Sicherung der aktuellen Gerätekonfiguration eingesteckt werden. Die Stromversorgung erfolgt wahlweise über USB-C oder PoE (Power over Ethernet).
Festplattentausch beim Cloud Key
Der UniFi Cloud Key Plus verfügt auch über ein kleines Display. Hier werden Live-Infos zu den darüber verwalteten Systembereichen angezeigt, beispielsweise die Zahl der aktiven Kameras und der Zeitpunkt der letzten Bewegungsmeldung oder – wenn das Gerät zudem als WLAN-Controller fungiert – auch die Anzahl der verbundenen Clients und Hotspots.
PoE ist im Zusammenhang mit UniFi generell ein Thema, das genauere Betrachtung verdient. Der Hersteller bietet die meisten seiner Komponenten mit PoE-Unterstützung an, so können beispielsweise WLAN-Accesspoints und auch Kameras über das Netzwerkkabel gleichzeitig mit Strom versorgt werden, die dafür benötigten PoE-Switches hat Ubiquiti ebenfalls im Programm. In diesem Zusammenhang gilt es allerdings auch auf eine für manche Nutzer wichtige Einschränkung hinzuweisen. Von den derzeit sechs verschiedenen, für UniFi Protect erhältlichen Kameras unterstützt nur die für die Verwendung in Innenräumen konzipierte G3 Micro drahtlose Verbindungen über WLAN. Alle anderen setzen den Anschluss per Ethernetkabel voraus.
Die Kabelverbindung bringt natürlich entscheidende Vorteile mit sich. Neben der einfachen Stromversorgung über PoE ist so eine sichere und schnelle Datenübertragung gewährleistet.
UniFi Protect G3 Micro Lieferumfang
Die für UniFi Protect erhältlichen Kameras decken verschiedenste Einsatzbereiche ab, dementsprechend groß sind auch die Unterschiede in Sachen Leistungsumfang und Preis. Das günstigste Modell G3 Flex ist bereits für 79 Euro zu haben, für das Flaggschiff G4 Pro mit 4K-Auflösung und Motorzoom muss man mehr als 400 Euro investieren. Bei uns kommen die Modelle G3 Flex, G3 Micro und G3 zum Einsatz.
Links: UniFi Pretect G3 Flex – Rechts: UniFi Protect G3 Micro
Die Grundkonfiguration von UniFi Protect, also die Installation des Cloud Key und das anschließende Hinzufügen von Kameras, lässt sich wohl am einfachsten mithilfe der UniFi Protect App erledigen. Alternativ kann man das System auch komfortabel über den Webbrowser verwalten. Die App führt Schritt für Schritt durch den Prozess und man wird im Rahmen des Einrichtungsprozesses auch mit der Grundbedienung und den vorhandenen Optionen vertraut.
UniFi Protect Setup mit der App
Wie eingangs erwähnt, verzichtet UniFi Protect auf die Nutzung einer externen Cloud-Infrastruktur, sondern setzt ausschließlich auf Peer-to-Peer-Verbindungen. Die App oder euer Rechner verbinden sich direkt mit dem Cloud Key und können dann sowohl auf den Livestream der Kameras als auch auf vorhandene Videoaufzeichnungen zugreifen.
Der Verbindungsaufbau erfolgt dabei über ein durch 2-Faktor-Authentifizierung abgesichertes Benutzerkonto bei Ubiquiti. Anschließend stellt das Endgerät eine verschlüsselte direkte Verbindung zum UniFi Cloud Key her. Die Datenübertragung erfolgt dabei über WebRTC (Web Real-Time Communication), einen von Herstellern wie Apple, Google, Microsoft und Mozilla unterstützten Standard für Echtzeitkommunikation.
Bei der Ersteinrichtung wird zugleich der Hauptbenutzer und Administrator des Systems festgelegt, dieser kann dann weiteren Nutzer Zugriff auf die Kameras gewähren und diese wenn gewünscht zusätzlich auch mit Admin-Rechten ausstatten.
UniFi Protect – Zugriff per App und Webbrowser
Die UniFi Protect iOS-App kommt für die Bildschirme von iPhone, iPad und Apple TV optimiert und bietet Zugriff auf die Livestreams der einzelnen Kameras sowie Aufzeichnungen und die Einstellungen des Systems.
Für jede der einzelnen Kameras stehen umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dies betrifft die Aufnahme- und Bildqualität ebenso wie die Möglichkeit, bestimmte Bildbereiche für Bewegungsalarme zu definieren oder umgekehrt auch auszuschließen. Auch kann man für jede Kamera separat festlegen, ob sie dauerhaft, nie oder nur bei Ereignissen aufzeichnen soll.
UniFi Protect Einstellungen auf dem iPhone
Der Cloud Key übernimmt das Speichermanagement dabei wenn nicht anders festgelegt eigenständig. Das System sorgt in der Grundeinstellung dafür, dass stets mindestens 10 GB freien Speicher verfügbar sind, indem die ältesten Videoaufzeichnungen entsprechend gelöscht werden. Optional kann auch eine automatische Löschfunktion nach einer bestimmten Anzahl von Tagen festgelegt werden.
UniFi Protect App auf dem iPad
Greift man vom iPhone oder iPad aus auf einzelne Kameras zu, so kann man in der bildschirmfüllenden Ansicht einzelne Bildbereiche klassisch durch Ziehen mit zwei Fingern vergrößern. In dieser Ansicht lässt sich der Bildausschnitt dann nicht nur mit den Finger verschieben, sondern man kann auch in Art einer AR-Ansicht durch das Bild schwenken, indem man das iOS-Gerät entsprechend bewegt.
UniFi Protect Einstellungen auf dem iPhone
Von den Kameras aufgezeichnete Ereignisse werden in einer separaten Ansicht aufgelistet und können jeweils einzeln abgerufen werden. Verglichen mit dem Zugriff über die Apps bietet die Web-Oberfläche von UniFi Protect hier zusätzliche Möglichkeiten. So kann auch eine Darstellung im Zeitraffer wahlweise mit nur halber Geschwindigkeit oder beschleunigt mit zwei-, vier- oder achtfacher Geschwindigkeit gewählt werden. Die einzelnen Clips lassen sich am Stück mit allen Geräten herunterladen, im Webbrowser steht hier darüber hinaus noch eine kleine Bearbeitungsfunktion zur Verfügung, mit deren Hilfe die gewünschte Sequenz zugeschnitten werden kann. Der Download der Videos erfolgt im MP4-Format, sofern ihr in den Kameraeinstellungen die Anzeige von Elementen wie Datum, Uhrzeit oder Kameraname aktiviert habt, werden diese auch hier mit eingebunden.
UniFi Protect erweiterte Funktionen im Webbrowser
UniFi Protect in der Praxis
Ich verwende das System zwar teils auch dazu, einen Blick auf den Hund zu werfen, wenn dieser mal alleine zuhause ist, vorrangig dient UniFi Protect hier allerdings als Sicherheitssystem. Dementsprechend soll das System bestimmte Ereignisse aufzeichnen und mich auch darüber informieren. Diese Vorgabe realisiere ich, in dem ich bestimmte Kameras bei Bewegungen automatisch aufzeichnen lasse und mich wenn ich nicht zuhause bin per Push-Mitteilung und E-Mail über dergleichen informieren lasse.
Die Benachrichtigungen lassen sich dank der Möglichkeit, unterschiedliche Alarm-Sets anzulegen, ausgesprochen flexibel konfigurieren. System- und Kameraereignisse können dabei mit dem An- oder Abwesenheitsstatus der Nutzer verknüpft werden. Benachrichtigungen zu Netzwerkausfällen oder verfügbaren Updates erhalte ich dank entsprechender Konfiguration immer, während ein Bewegungsalarm nur gemeldet wird, wenn ich außer Haus bin.
UniFi Protect Einstellungen Mitteilugen
Die Geofencing-Funktion des Systems darf man dabei noch als Beta bezeichnen, wurde aber mit dem letzten Update deutlich verbessert. Das System erkennt meine An- und Abwesenheit zuverlässig, allerdings erscheint mir der minimal einstellbare Entfernungsradius noch zu groß. Der Abstand lässt sich hier aktuell zwischen 200 und 1.000 Metern Luftlinie einstellen, in der Folge sieht mich das System auch zu Hause, wenn ich ein paar Häuser weiter bei Freunden sitze.
UniFi Protect Außenkamera G3
Ein pauschales Urteil zur Qualität der Kameras lässt sich nicht fällen, da diese wie gesagt in unterschiedlichen Preis- und Leistungsklassen spielen. Die günstige G3 Flex gefällt mir dabei ausgesprochen gut. Die Kamera lässt sich flexibel verwenden (bei mir hängt sie im Keller auf dem Kopf an einem Wasserrohr – auch diese Montageform ist vorgesehen) und liefert sowohl bei Licht als auch mit Nachtsicht ordentliches Bildmaterial. Das Bild der Innenraumkamera G3 Micro könnte für meine Gefühle bei schlechten Lichtverhältnissen besser sein. Die G3 ist als robuste und durch ihr Kugelgelenk recht flexibel platzierbare Kamera perfekt für den Außenbereich mit bei Tag und Nacht sehr guter Bildqualität.
Fazit
UniFi Protect bietet sich als Videoüberwachungssystem für Nutzer mit professionellem Anspruch an, die eine Cloud-Speicher-Lösung grundsätzlich ausschließen. Im optimalen Fall kombiniert man UniFi Protect mit dem UniFi-WLAN-System, der Cloud Key agiert wie gesagt auch als Controller hierfür und so lohnt sich dessen Anschaffung doppelt.
Mit dem Vorsatz, die Kameradaten im Haus zu behalten, kann man im Vergleich zu anderen Systemen natürlich auch auf lange Sicht kosten sparen. Monatliche Gebühren für Cloud-Speicher und den Zugriff darauf entfallen, dies fällt insbesondere beim Einsatz von mehreren Kameras ins Gewicht. UniFi Protect lässt sich auf bis zu 50 Kameras erweitern. Vom Funktionsumfang her kann UniFi Protect dabei mit den meisten konkurrierenden Systemen mithalten oder steckt diese gar locker in die Tasche.