Apples iCloud-Schreibtisch
iCloud Dokumente: Horrorgeschichten und Profildateien
Apples nicht mehr ganz zeitgemäße Speicherbegrenzungen haben wir ja erst in der vergangenen Woche adressiert: Unabhängig von der Anzahl der gekauften iOS-Geräte bietet Apple seinen Kunden mickerige 5GB Online-Speicher in der hauseigenen iCloud an und rechnet das ohnehin schon überschaubare Kontingent gegen alle möglichen Inhalte.
E-Mails, Geräte-Backups, die iCloud Fotomediathek und – seit macOS Sierra – auch die persönlichen Mac-Ordner „Schreibtisch“ und „Dokumente“ knabbern am Online-Speicher, der bei vielen Anwendern bereits mit dem zweiten iOS-Backup an seine Kapazitätsgrenze stößt.
Zwar bietet Apple die kostenpflichtige Aufstockung des persönlichen iCloud-Speichers an, diese ist Ende August sogar etwas großzügiger geworden, stößt damit jedoch bei zahlreichen Anwendern auf taube Ohren. Zum einen verstehen die gelegentlichen Nutzer die Implikationen der aufpoppenden Speicherwarnungen schlichtweg nicht, zum anderen lehnen viele Anwender die monatliche Investition in Apples überzogenen Speicherpreise prinzipiell ab.
There is no cloud. It’s just someone else’s computer
Um so unverständlicher, dass Apple die neuen iCloud-Funktionen am liebsten Standardmäßig anknipsen würde. Unter iOS 10 bittet euch die Fotos-App bereits beim ersten Start um euren beherzteren Druck auf den „iCloud Mediathek aktivieren“-Knopf – der Mac setzt das Häckchen für die Aktivierung der iCloud Dokumente nach dem Update auf macOS Sierra automatisch…
Dabei scheint gerade Apples Dropbox-Konkurrent in seiner derzeitigen Phase alles andere als verlässlich.
Einmal angeknipst, synchronisiert Apple euren „Schreibtisch“ und euren „Dokumente“-Ordner mit der iCloud und sorgt so dafür, dass die Inhalte der persönlichen Verzeichnisse auf all euren Macs auf dem gleichen Stand sein sollten.
Soweit so gut – vorausgesetzt euer Speicherplatz reicht aus.
Zusätzlich zur Sync-Funktion, bietet Apple jedoch auch die Option „Mac-Speicher optimieren„, die euch vor akutem, lokalen Platzmangel bewahren soll und große Dateien komplett in die iCloud auslagert; wenn das Betriebssystem entschieden hat, dass diese gerade nicht gebraucht werden. Konfigurationsoptionen bietet Apple hier leider nicht an und kann, unter Umständen, auch bei guten Speicherverhältnissen auf eurem Mac dafür sorgen, dass wichtige Projekt-Dateien vor eurer Nase „weg-optimiert“ werden.
Einen Erfahrungsbericht zum Thema lieferte bereits der ehemalige Macworld-Chefredakteur Jason Snell.
I was editing a podcast in Apple’s Logic Pro X, and my project was stored on the Desktop. All of a sudden, the voice of one of my podcast panelists simply vanished from the mix. I quit and re-launched Logic, only to be told that the file in question was missing. Sure enough, a visit to Finder revealed that Sierra had “optimized” my storage and removed that file from my local drive. I’ll grant you, the file was a couple of weeks old, and very large as most audio files are. But I was also actively using it within a Logic project. Apparently that didn’t count for anything?
Überhaupt, die fehlenden Konfigurationsoptionen der neuen iCloud-Offensive machen sich an mehreren Stellen negativ bemerkbar. Dateien, die den verfügbaren iCloud-Speicher überschreiten, etwa das Abbild einer 15GB großen, virtuellen Maschine im Dokumente-Order lassen sich nicht aus dem iCloud-Sync ausschließen und stoppen, wenn vorhanden, die komplette Synchronisation.
Aufpassen beim Ausschalten
Wer der Apple-Empfehlung vertraut und die neue Option „Schreibtisch und Dokumente in der iCloud“ abgenickt hat, sollte sich vor dem Deaktivieren des macOS-Features die Beobachtungen von Rich Trouton zu Gemüte führen.
Nachdem Trouton den iCloud-Abgleich abschaltete, präsentierte sein Mac ihm einfach nur zwei leere Ordner. In den nun wieder lokal verfügbaren Verzeichnissen „Schreibtisch“ und „Dokumente“ fand sich keine Spur mehr von den bislang synchronisierten Inhalten. Apple legte diese während der laufenden Synchronisation einfach im Ordner ~/Library/Mobile Documents/com~apple~CloudDocs ab und überlässt es anschließen dem Anwender, diese nach dem Sync-Stopp wieder zurück in ihre Ausgangsverzeichnisse zu kopieren.
When you turn off the Desktop & Documents Folder feature in iCloud, Sierra recreates empty Desktop and Documents folders in your home folder. It’s on you to copy or move your files back from iCloud Drive.
Was haben wir gelernt? Erstens: Apple muss den gratis angebotenen Speicher schleunigst erhöhen oder wenigstens etwas weniger aggressiv auf die Nutzung der iCloud-Angebote drängen. Zweitens: Die iCloud-Speicherung der Schreibtisch-Dateien sollte von macOS besser erklärt und mit feineren Konfigurationsoptionen versehen werden. Zudem muss Apple klarmachen, was, wann und wie unter der Haube eures Macs passiert. Dies sollte weder der Job von Snell und Trouton noch von ifun.de sein.
Die Holzhammer-Profildatei
Drittens: In der weniger nerdigen Gruppe des Freundes- und Familienkreises solltet ihr euch vielleicht um die Erklärung bzw. Deaktivierung der iCloud-Speicherung bemühen. Sollte euch nach dem Holzhammer zu Mute sein: Hier entlang. Mit der auf GitHub abgelegten Profildatei „DisableiCloudDriveandDocumentSync“ lassen sich iCloud Drive und iCloud Documents komplett ausknipsen.