450 Euro mehr als die Sonos Beam
Sonos Arc ausprobiert: Zu viel Soundbar für das Durchschnittszimmer
Im Gegensatz zu vielen anderen Hardware-Neuvorstellung gehören Lautsprecher und Kopfhörer zu den Accessoires, deren objektive Bewertung mit am schwersten ausfällt. Während der Datendurchsatz von externen Festplatten unstrittig zu ermitteln ist, reichen bereits zwei Personen im gleichen Zimmer aus, um zu zwei komplett unterschiedlichen Bewertungen des selben Lautsprechers zu kommen.
Was die zwei einleitenden Sätze unterstreichen sollen: die folgenden Zeilen zur neuen Sonos Lautsprecher-Soundbar, der 900 Euro teuren Sonos Arc, erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und könnten nicht subjektiver ausfallen. Aber vielleicht erkennt ihr euch ja wieder.
In unserem Fall ersetzt der Sonos Arc seit einigen Tagen die nur etwa halb so große Sonos Beam. Der nur 449 Euro teure Bruder ist ebenfalls für den Einsatz am Fernseher gedacht, versteht sich aber weder auf die Dolby Atmos-Wiedergabe, noch kann dieser auch nur ansatzweise mit den Leistungsdaten der Sonos Arc mithalten.
Dennoch: wenn sich in den letzten Tagen eine Gewissheit eingestellt haben sollte, dann die folgende. Die Sonos Beam reicht für unsere Ansprüche mehr als dicke – und dies in vielfacher Hinsicht.
…die Beam reicht (uns) dicke
Zum einen erschlagen uns die Maße der neuen Soundbar, die mit 87 x 1141,7 x 115,7 mm in etwa so groß ausfällt wie vier hintereinander liegende 1L-Colaflaschen. Anwender die nicht über ein dezidiertes Kino-Zimmer mit leeren Wänden verfügen, dürften Probleme damit haben, die Arc reibungslos in das vorhandene Setup zu integrieren. So raumstark und elegant minimalistisch wie auf den Produktfotos des Herstellers, wird es wohl nur in den wenigsten Wohnzimmern aussehen.
Zum anderen, und diese Einschränkung können wir nicht stark genug betonen, fallen die akustischen Differenzen zum Sonos Beam erstaunlich dezent aus.
Ohne Frage punktet die Arc (vor allem bei hohen Pegeln) mit einem überwältigenden Klang, weiß mit fantastischen Raum-Illusionem zu beeindrucken, die vor allem bei den von Dolby selbst bereitgestellten „Dolby Atmos“-Testvideos unter Beweis stellen, welche akrobatischen Audio-Illusionen die Arc in den Raum sprühen kann, doch im Alltagseinsatz kommt dieser Vorsprung fast nicht zum Tragen.
Beim durchschnittlichen Fernsehkonsum-Verhalten (das unsere zählen wir einfach mal dazu) fallen die Acht ellipsenförmige Tieftöner und die drei „präzise gewinkelten Kalottenhochtöner“ so gut wie nicht ins Gewicht. Mit geschlossenen Augen war es quasi nicht auszumachen ob das in moderater Lautstärke abgespielte YouTube-Video seine Tonspur nun über die Beam oder den imposanten Sonos Arc wiedergab.
„Moment mal“ könnte der technisch interessierte Leser jetzt einwenden, „warum probiert ihr die Arc auch mit dahergelaufenen YouTube-Videos und nicht ausschließlich mit perfekt auf die Kapazitäten des Kino-Lautsprechers abgestimmten Kauffilmen aus, die jeden einzelnen Treiber des Arc bestmöglich ansteuern“?
Die Antwort ist einfach: weil wir auch nicht bei jedem Fernsehabend das optimale Eingangsmaterial zur Verfügung haben. Manchmal kommen die Video-Streams aus den Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen, manchmal von selbst-gerippten DVDs oder von Video-Streaming-Diensten die nicht viel mehr als schlichte Stereo-Audiospuren ausspucken.
Die durchschnittliche Mischung eben, die über deutsche Fernseher dudelt. Und für diese scheint uns die Sonos Arc arg überdimensioniert.
Hätte sich Sonos eine Scheibe bei Apple-Marketing-Team abgeschnitten und die neue Soundbar nicht nur hardwaretechnisch, sondern auch softwareseitig mit begehrenswerten Alleinstellungsmerkmal versehen, könnte man der Arc deutlich mehr Verkaufsargumente mit auf den Weg geben. Da jedoch auch die Sonos Beam über tolle TV-Funktionen wie die Sprachverbesserung und die Reduzierung lauter Geräusche in den Abendstunden verfügt, fällt es uns schwer gute Argumente für die zusätzliche Investitionen der Preisdifferenz von immerhin 550 Euro zu finden. Zumal die Beam sogar flexibler ist. Lässt sich diese doch mit der neuen und der alten Sonos-App steuern. Doch dazu gleich mehr.
Arc benötigt einen Basispegel
Vorher wollen wir noch anmerken, dass wir das Gefühl nicht loswerden, dass die ausgewogene Musikwiedergabe auf der Sonos Arc einen gewissen Basispegel benötigt, der ein wenig über der von uns präferierten Lautstärke für einen ruhigen Hintergrund-Soundteppich liegt.
Bei ganz leisen Pegeln scheint die Arc, anders als etwa die Beam, Detailinformationen zu verschlucken, die bei höheren Lautstärken viel deutlicher als bei der Beam abgegeben werden. Dies führt dazu, dass die Arc immer einen ticken zu Laut arbeiten muss, um ihren gesamten Dynamikbereich eindrucksvoll vor den anwesenden Zuhörern auszubreiten.
Nie wieder Sonos?
Von den kontroversen Entscheidungen abgesehen, die die Multiroom-Experten von Sonos in jüngster Vergangenheit zu verantworten hatten – über die Support- und Elektroschrott-Debakel berichtete ifun.de ausführlich – sind wir persönlich nach wie vor sehr zufrieden mit den Lautsprechern der Amerikaner und empfehlen diese noch immer. Nicht nur im Freundes- und Bekanntenkreis, sondern auch unseren Lesern.
Beim Sonos Arc handelt es sich hier jedoch eine Ergänzung, die an unseren Bedürfnissen vorbeigeht und mindestens ambitionierte Heimkino-Fans benötigt, um überhaupt eine Anschaffung in Betracht zu ziehen.
Für das gleiche Geld empfehlen wir hier lieber die deutlich flexiblere Variante aus einem Beam und zwei Sonos One SL, die sich nicht nur deutlich einfacher im Zimmer verstauen sondern im Zweifelsfall auch auf drei Zimmer verteilen lässt.
Neue App, für die Arc ein Nachteil
Zu der neuen Sonos-App, die wir während des Arc-Tests ebenfalls ausprobieren konnten sei hier noch angemerkt, dass sich diese so gut wie nicht von der bisherigen Controller-Applikation unterscheidet – weder mobil noch auf dem Desktop. Außer ein paar kosmetischen Änderungen sind uns keine neuen Funktionen aufgefallen. Sonos scheint hier schlicht eine Trennlinie zwischen altem und neuem Betriebssystem zu ziehen, die sich in zwei aktuell so gut wie baugleichen Apps manifestiert.
Allerdings bleibt ein Hinweis zur App wichtig: Falls ihr euch für die Sonos Arc entscheiden solltet, setzt Sonos die Nutzung der neuen S2-Applikation zwingend voraus. Da diese jedoch nicht im Verbund mit älteren S1-Komponenten genutzt werden kann – ifun.de berichtete – ist eine Entscheidung für die Sonos Arc zwingend auch eine Entscheidung gegen alte Komponenten im eigenen Setup. Diese müssten hier in ein eigenes Sonos-Netzwerk mit alter App ausgelagert oder ersetzt werden.
Arc oder nicht?
Unterm Strich könnt ihr euch folgendes merken: die Sonos Arc klingt super (ist in den Grundeinstellungen vielleicht etwas zu basslastig, dafür aber definitiv auch ohne zusätzlichen Sub gut zu betreiben) und wirklich so räumlich, wie es die Selbstdarstellung des Herstellers verspricht. Gleichzeitig benötigt die Arc dafür aber ordentlich Platz im Wohnzimmer, einen höheren Pegel als andere Geräte und für die voll Sound-Entfaltung perfekt abgestimmtes Quellmaterial.
Dies sorgt dafür, dass es die Sonos Arc trotz der vorhandenen Technikaffinität partout nicht schaffen will, die selben Begehrlichkeiten zu wecken, die wir auch beim Blick auf teure Spiegelreflexkameras, überdimensionierte Mac Pro-Konfigurationen oder Netzwerk-Equipment für professionelle Industriekunden verspüren.
Ob dies nun an Sonos oder an uns liegt, beurteilt ihr am besten selbst. Der Hersteller bietet auch bei seinem neuesten Modell eine unverbindliche 100-Tage-Testfrist an, ehe der Kauf verbindlich wird. Diese sollten interessierte Anwender definitiv in Anspruch nehmen.