"Heimliche Überwachung"
Schwere Vorwürfe: Apple soll Siri-Aufzeichnungen weiter massiv auswerten
In einem offenen Brief an europäische Datenschützer formuliert ein ehemaliger Apple-Mitarbeiter schwerwiegende Anschuldigungen. Apple wertet die Siri-Sprachaufzeichnungen demnach weiterhin umfangreich aus. Entgegen den im vergangenen Jahr gemachten Versprechungen des Konzerns habe sich die Vorgehensweise nicht grundlegend verändert.
Wir erinnern uns: Apple musste letzten Sommer eingestehen, dass Siri-Sprachaufzeichnungen von Mitarbeitern abgehört, teils auch abgeschrieben und ausgewertet werden. Der Vorgang an sich ist nicht ungewöhnlich und wurde so auch von den Apple-Konkurrenten Amazon und Google praktiziert, Apple muss sich aber vorwerfen lassen, darüber nicht freiwillig informiert zu haben. Dies wirkt mit Blick darauf, dass Apple zeitgleich mit groß angelegten Werbekampagnen auf seine hohen Datenschutz-Standards verwies, nicht sonderlich aufrichtig.
Auf öffentlichen Druck hin hat sich Apple damals entschuldigt und angekündigt, dass Nutzer fortan selbst darüber entscheiden, ob sie ihre Sprachaufzeichnungen für Verbesserungszwecke zur Verfügung stellen. Den nun von Thomas Le Bonniec getroffen Aussagen zufolge ist dem allerdings nicht so. Er habe täglich Hunderte von Aufnahmen anhören müssen, die oft auch ohne eine gezielte Aktivierung von Siri und somit ohne, dass sich die betroffenen Apple-Kunden darüber bewusst waren, gemacht wurden.
Siri zeichnet auch Gespräche im Umfeld auf
Bemerkenswert ist hier, dass Le Bonniec zufolge keinesfalls nur die Besitzer der Apple-Geräte betroffen seien, sondern nach zufälliger Siri-Aktivierung auch sich im Umfeld befindliche Personen – beispielsweise Mitbewohner, Kollegen, Verwandte oder Kinder. Das System habe dabei vielfältige Informationen und private Gesprächsinhalte erfasst.
Ein weiterer Vorwurf unterstellt Apple, umfangreiche Datenbanken mit sensiblen Informationen aufzubauen. So sei ein spezielles Team innerhalb von Apple damit betraut, bestimmte Schlüsselworte in den Aufzeichnungen mit persönlichen Daten der Nutzer zu verknüpfen. Diese Mitarbeiter hätten Zugriff auf die von Apple gespeicherten Daten der Nutzer, darunter Kontaktdaten, Notizen, Kalender, Fotos, Karten, Wiedergabelisten und mehr. Es sei offen, was Apple mit dieser Informationssammlung plane.
Whistleblower hofft auf EU-Datenschützer
Le Bonniec setzt mit dieser Veröffentlichung viel aufs Spiel, hat er damit doch auch die bei seiner Einstellung unterzeichnete Verschwiegenheitserklärung gebrochen. Mit seinem Handeln will er nicht nur den öffentlichen Druck auf Apple erhöhen, sondern auch die europäischen Datenschutzbehörden zum Einschreiten veranlassen.
Das Thema wurde zuerst von der österreichischen Zeitung Der Standard aufgegriffen. Der offene Brief des ehemaligen Apple-Mitarbeiters lässt sich hier als PDF laden.