Abmahnungen weiter möglich
Ende der Störerhaftung „mit Vorsicht zu genießen“
Neben dem stark kritisierten Netzwerkdurchsetzungsgesetz – ifun.de berichtete – hat der Bundestag seine 244. Sitzung am vergangenen Freitag auch zur Verabschiedung einer Neufassung des Telemediengesetzes (PDF-Download) genutzt.
Die Idee: Durch die Abschaffung der sogenannten Störerhaftung wollte der Bundestag die Betreiber öffentlicher WLAN-Hotspots von der bislang vorherrschenden, rechtliche Unsicherheit befreien.
Wer anderen Zugang zum eigenen WLAN ermöglicht soll zukünftig keine Angst mehr davor haben müssen, für die rechtlichen Verfehlungen der Mitbenutzer haften zu müssen. Auch Abmahngebühren sollen dem WLAN-Betreiber nun nicht mehr in Rechnung gestellt werden können.
Was nach einer begrüßenswerten Gesetzesnovelle klingt sollte jedoch mit Vorsicht genossen werden. Dies merkt der Düsseldorfer Anwalt Udo Vetter an.
Nach Einschätzung des Fachanwalts für Strafrecht dürfen Behörden deutsche WLAN-Betreiber zwar nicht mehr verpflichten, Nutzer zu registrieren oder die Eingabe eines Passwortes zu verlangen, eine komplette Rechtssicherheit für die Fehlgriffe der WLAN-Nutzer könne momentan jedoch nicht nicht festgestellt werden. Vetter erklärt:
Der WLAN-Betreiber muss von sich aus keine eigenen Maßnahmen treffen, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Er ist aber verpflichtet, bei Beschwerden von Rechteinhabern Internetseiten zu blockieren, wenn die Seiten illegale Downloads ermöglichen und das WLAN hierzu bereits nachweislich dafür genutzt wurde. Allerdings regelt das Gesetz für diesen Fall, dass der Rechteinhaber dem WLAN-Betreiber keine Kosten in Rechnung stellen darf, zum Beispiel für eine Abmahnung. Selbst für den Fall, dass der Rechteinhaber klagt und gewinnt, muss der WLAN-Betreiber dem Rechteinhaber keine Kosten erstatten.
Interessant finde ich allerdings, dass das neue Gesetz lediglich von einer Verletzung geistigen Eigentums durch die Nutzung eines „Telemediendienstes“ spricht. Nur hierfür gilt die Privilegierung der WLAN-Betreiber – zumindest nach dem Wortlaut. Eine dezentral organisierte Tauschbörse, die wohl wichtigste Plattform für Urheberrechtsverletzungen, ist aber eher kein Telemediendienst.
Vetter befürchtet, dass sich die Abmahnindustrie vorerst nicht von der Neuregelung beeinflussen lassen wird. Rechteinhaber können Tauschbörsen-Aktivitäten – zumindest bis zum ersten Grundsatzurteil – also weiterhin problemlos abmahnen und in Rechnung stellen.