Return to Sender
Touch Bar. Furchtbar. Unser erstes MacBook Pro tritt die Rückreise an
Kurz und knackig: Das erste der beiden MacBook Pro-Modelle (13 Zoll mit Touch Bar und 512GB SSD), die wir uns direkt zum Verkaufsstart am 27. Oktober mit zusätzlichem Arbeitsspeicher und einem Lächeln im Gesicht geordert haben, hat am Dienstag – nach einer Woche im Dauereinsatz – die Rückreise in Apples zentrales Europa-Lager angetreten.
Mit der noch warmen UPS-Tracking-Nummer in der Hand wollen wir den Paketversand zum Anlass nehmen, kurz ein paar Gedanken und Hintergründe zu notieren, die uns zur Rückgabe des neuen Apple-Flaggschiffs motiviert haben.
Und dafür wechsele ich am besten kurz in die Ich-Perspektive – denn mir liegt es fern, hier ein größeres Problem in Apples aktuellem Geräte-Portfolio identifizieren zu wollen. Die Entscheidung gegen die 2.439 Euro teure Kiste habe ich vor allem meiner Art zu Schreiben, meinem Tastenanschlag und meinem nicht immer treffsicheren Zeigefinger zu verdanken.
So sehr mich der neue Formfaktor, das verbesserte Retina-Display und das deutlich kantiger auftretende Gehäuse in seinen Bann gezogen haben, so sehr haben mich das massiv vergrößerte Trackpad, die Touch Bar und die angeblich verbesserte Tastatur abgestoßen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sich Apples MacBook Pro eher an Anwender richtet, die ihre Tastatur betrachten, denn an Mac-Nutzer, die diese auch nutzen wollen.
Von vorn.
Vielleicht fangen wir einfach ganz vorn an. Seit August 2013 bin ich mit einem MacBook Air – dem zweiten seit dem 2011er-Modell – unterwegs und habe Apples Oktober-Event in diesem Jahr fast mehr entgegengefiebert als der iPhone-Veröffentlichung einen Monat zuvor.
Obwohl bei den kläglich vernachlässigten Desktop-Rechnern wohl nicht all zu viel passieren würde, stand schon vor dem Event fest: Apple würde sein Laptop-Lineup in diesem Jahr wohl endlich um zwei runderneuerte Modelle ergänzen, die voraussichtlich die nächsten drei, wenn nicht sogar vier Jahre weitgehend unverändert in den Auslagen der Filialgeschäfte Cupertinos auf interessierte Kunden warten würden. Einen besseren Zeitpunkt zum Wechsel des tragbaren Begleiters kann man sich nicht wünschen. Und wenn jetzt schon mal zugeschlagen wird, dann bitte auch richtig.
Natürlich sollte es das Modell mit der neuen Touch Bar sein. Natürlich musste der integrierte Arbeitsspeicher auf das maximal mögliche Limit angezogen werden. Und natürlich wurde die Bestellung nur wenige Minuten nach dem Bestellstart in Apples Online-Filiale abgegeben. Das Glück kommt mit der Post – wenn ich’s mir schon aussuchen darf, dann möchte ich zu den früh belieferten Bestellern gehören. Die freundlich-atemlose Begrüßung des UPS-Paketboten erfolgte anschließend entsprechend zügig: Am 22. November stand das neue MacBook Pro einsatzbereit auf dem Schreibtisch.
Und was soll ich sagen: Erster Eindruck, bester Eindruck. Die schlanke Bauform ließ das MacBook Air unmittelbar zehn Jahre älter wirken und sorgte für ein rundherum zufriedenes Bauchgefühl. Das Geld schien schon jetzt gut investiert, dem sich anbahnenden Dongle-Problem trat ich zuversichtlich mit kleinen Adapter-Steckern entgegen und fing innerlich schon damit an, die Suche nach einem flankierenden Monitor zu intensivieren. Die noch junge Woche wurde zur entspannten Neuinstallation der kompletten Software-Grundausstattung reserviert. Neuer Rechner. Clean-Install. Ist doch klar.
Das Riesen-Trackpad und die klackernde Tastatur machen skeptisch
Mit einem frischen Kaffee in der Hand, das MacBook strategisch günstig neben der Snack-Schale auf dem Wohnzimmertisch platziert, startete dann die Routine, die ich in den letzten zwei Jahren richtiggehend vermisst hatte. Der Neuaufbau des Benutzerordners, das Einpflegen von SSH-Schlüsseln, Softwarelizenzen, Datenbanken und Systemkonfiguration. Und nicht zu vergessen: Die langwierige Auseinandersetzung mit dem bislang genutzten Programme-Ordner. Welche Anwendungen habe ich in letzter Zeit regelmäßig benötigt? Auf welche kann ich zukünftig verzichten? Welche Apps sollte ich mir vielleicht noch zusätzlich gönnen?
Alles in allem ein ruhiger Abend (Sonos spielt BR Klassik), der jedoch kontinuierlich durch ein für meinen Geschmack deutlich zu lautes Klackern der Tastatur unterbrochen wurde. Die Anschläge der überarbeiteten Dome-Switch-Tasten fühlen sich zwar fast so befriedigend an, wie das Knacken der kreisrunden Kammern einer jungfräulichen Luftpolsterfolie, hält man sich aber nicht alleine sondern mit mehreren Personen im gleichen Raum auf, dann geht die laute Tastatur dem lesenden Gegenüber jedoch deutlich schneller auf die Nerven als das schwammige, dafür aber deutlich ruhigere Keyboard des MacBook Air.
Auch das geradezu lachhaft große Trackpad vereinfachte die Umgewöhnung auf die diesmal in strahlendem Spacegrau ausgelieferte Maschine nicht wirklich. Die Zwei-Finger-vom-Rand-Geste, mit der sich die macOS Benachrichtigungszentrale auf dem alten Trackpad problemlos aktivieren ließ, konnte auf dem neuen MacBook Pro nicht mehr ohne das vorherige Anheben des Handgelenks ausgeführt werden. Klingt nach Goldwaage, keine Frage. Aber: Ausgleichende Alltagsverbesserungen, mit denen das neue Trackpad die beschriebene Nicklichkeit wieder wett macht, habe ich bislang noch nicht in Erfahrung bringen können. Im Gegenteil: Hin und wieder verschiebt der ruhende Handballen jetzt sogar den Mauszeiger.
Doch verabschieden wir uns kurz von der Tastatur. Meinen größten Ärger hatte ich mit Apples neuer Eingabeleiste. Der exklusiv im MacBook Pro verbauten „Touch Bar“.
Apples Touch Bar – Empfindlich und zu hell
Apples intelligente Eingabeleiste, so viel kann ich für mich inzwischen zweifelsfrei feststellen, hat mit drei massiven Problemen zu kämpfen: Ihrer Konfiguration. Ihrer Helligkeit. Und ihrer Empfindlichkeit.
Die Helligkeit
Im Gegensatz zur Hintergrundbeleuchtung der Tastatur lässt sich die Display-Beleuchtung der Touch Bar nicht dem persönlichen Geschmack anpassen. Weder bietet Apple eine Möglichkeit die Hintergrundbeleuchtung der Touch Bar einzustellen, noch kann der automatisch einsetzende Stromsparmodus halbwegs granular konfiguriert werden.
Zwei kleine aber frustrierende Eigenschaften, die mir das erste Mal beim abendlichen Netflix-Abstecher aufgefallen sind. Mit dem Eis in der Hand gemütlich auf dem Sofa platziert, starte ich meine Serien-Episode und muss feststellen, dass ich zwar die Tastaturhelligkeit herunter regeln, die Beleuchtung der Touch Bar aber nicht einfach ausschalten kann. Hier muss ich auf Apples automatisch einsetzende Abdunklung warten, die jedoch unabhängig von der sich ebenfalls automatisch abdunkelnden Tastatur arbeitet.
Anders formuliert: Ich schau meine Serien-Episode. Jetzt verabschiedet sich als erstes die Tastaturbeleuchtung, erst anschließend dimmt sich die Touch Bar leicht, um wenige Sekunden später auch auszugehen.
Kritik, die euch vielleicht kleinkariert vorkommen mag, meine Aufmerksamkeit aber so sehr an sich gezogen hat, wie ein Pixelfehler im neuen Fernseher.
Wer einmal auf die Deaktivierung der Touch Bar gewartet hat, kann seine Augen nicht mehr von der in dunklen Zimmern strahlenden Leiste trennen, bis diese ihre Beleuchtung ausgeknipst hat. Muss während dem Film die Lautstärke angepasst werden, geht das Licht natürlich wieder an. Eine Design-Entscheidung, die nicht wirklich mit einem gemütlichen Serien-Abend harmoniert.
Die Empfindlichkeit.
Während Apples Trackpad grundsätzlich auf eine sehr brauchbare Handflächen-Erkennung setzt, scheint die Touch Bar auf ähnliche Mechanismen zu verzichten, die vor Fehlbedienungen schützen sollen und schlägt an, sobald sich euer Finger dem intelligenten Eingabestreifen auch nur auf Blickkontakt nähert.
Gerade bei der Eingabe von Zahlen und Sonderzeichen auf der Tastatur bin ich immer wieder kurz auf der Touch Bar gelandet und habe hier entsprechende Kontrollelemente aktiviert, ohne dies vorgehabt zu haben. Am auffälligsten reagierten der Play/Pause-Knopf, der mich bestimmt zehn mal vom laufenden Spotify-Musikteppich gestoßen hat, und die Escape-Taste, die immer mal wieder angeschlagen wurde.
Vielleicht hätte ich mir selbst etwas mehr Eingewöhnungszeit als nur eine gute Woche gönnen sollen, ich bin mir allerdings 100-prozentig sicher, dass die Intensität meiner versehentlichen Touch Bar-Berührungen keine Aktionen auf einer konventionellen MacBook-Tastatur ausgelöst hätten. Eine Erkenntnis, die mein Interesse an der neuen Eingabeleiste eher getrübt als angefeuert hat.
Die Konfiguration
Zudem sorgten Apples eingeschränkte Konfigurationsmöglichkeiten dafür, dass sich die Touch Bar nicht wirklich in meinen Arbeitsalltag einfügen wollte. Als Mac-Anwender, der auch seine F-Tasten regelmäßig benutzt, zwangen mich Apples System-Einstellungen dazu eine Entscheidung zwischen drei vorgegebenen Konfigurationsoptionen zu treffen. Alle drei nicht das gelbe vom Ei.
Entweder, so dass Angebot in den Tastatur-Einstellungen des aktuellen macOS-Betriebssystems, könnte ich mir durchgängig eine erweiterte Kontrollleiste anzeigen lassen und damit den Look-and-Feel der herkömmlichen MacBook-Tastaturen imitieren. Alternativ könnte ich auf die Intelligenz der Touch Bar ausweichen, die mich mit einem dynamischen App-Bereich und einer Kontrollleiste zum Ausklappen versorgen würde. (Die dritte Option „Nur App-Steuerung“ ignorieren wir kurz).
Da ich mir den Übergang zur neuen Maschine etwas einfacher gestalten wollte, entschied ich mich für die feste Kontrollleiste und konfigurierte die immer angezeigten Bedienelemente.
Nun kommt jedoch der Haken ins Spiel. Nutzer, die sich für die feste Kontrollleiste entscheiden, müssen sich aussuchen, welche Aktion der Druck auf die FN-Taste anstoßen soll. Entweder blendet die FN-Taste die App-Steuerung ein oder aber die F-Tasten von F1 bis F12.
Für Anwender mit fester Kontrollleiste, die sowohl ihre F-Tasten als auch den neuen App-Bereich der Touch Bar nutzen möchten, bietet Apple keine Lösung. Shift+FN? Fehlanzeige. Ihr müsst euch entscheiden.
Die Alternativen machen unglücklich
«Alles halb so wild», habe ich mir zumindest nach dem vierten Tag gesagt, weitere Rechner-Neuzugänge aus Cupertino scheinen vorerst ohnehin nicht auf dem Programm zu stehen und eine wirkliche Alternative lässt Apples MacBook-Lineup schmerzlich vermissen. «Ich werde mich da schon dran gewöhnen…»
Doch bereits einen Tag später erwische ich mich dabei, mich zumindest mal testweise durch die Konfiguration des MacBook Pro ohne Touch Bar zu klicken. Das Ergebnis müsst ihr euch einfach selber mal anschauen!
Wer sich für „Apples MacBook Escape“ entscheidet, das zwar eine ebenfalls laute aber ansonsten ganz herkömmliche Tastatur integriert und auf die Touch Bar verzichtet, bekommt einen schwächeren Prozessor, eine kleinere Festplatte, keinen „Touch ID“ Fingerabdruck-Scanner und zwei USB-C-Anschluss weniger als in der 13-Zoll-Maschine mit Touch Bar. Stockt man die Komponenten nun im Apple Online Store auf, erreicht man mit einer vergleichbaren (aber immer noch schwächeren Hardware-Ausstattung) schnell einen hören Preis als als den, den Apple für das 13-Zoll MacBook Pro mit Touch Bar veranschlagt.
Also noch mal: Schwachbrüstiger, weniger Anschlüsse, keine Touch Bar, kein Touch ID Scanner – aber teurer.
Die Frage, die nun in der Luft hing: Willst du dich mit den Einschränkungen arrangieren, nur um nicht mehr in den miserablen Monitor des gealterten MacBook Air starren zu müssen?
Bauchschmerzen
Lange Rede, kurzer Sinn: Es hat nicht geklappt. Je länger ich das neue MacBook – inzwischen perfekt eingerichtet und mit allen mir wichtigen Anwendungen und Konfigurationsdateien bestückt – nutzte, um so intensiver ärgerten mich die kleinen, oben beschriebenen Macken.
Zudem machte sich der finanzielle Aspekt (zumindest im Hinterkopf) als klassisches „Buyer’s remorse“ bemerkbar. Zweieinhalbtausend Euro für eine Maschine, die zwar zum Anbeißen schön aussah, mich aber regelmäßig daran erinnerte, wie wenig treffsicher meine Finger und wie empfindlich meine Augen waren?
Langsam aber sicher setzten Bauchschmerzen ein – ich könnte darauf hoffen, dass Apple zumindest die Konfigurationsoptionen und die Erkennung von Fehlbedienungen verbessern und mit entsprechenden Software-Aktualisierung ausstatten würde. Andererseits: Die leicht staubige Apple Watch, die sich in ihrem Schreibtisch-Dock schon seit Monaten in eine Art Winterstarre zurückgezogen hat, erinnert mich daran, dass auch Softwar-Update nur schwer gegen ein initial schlechtes Bauchgefühl ankommen.
Der Blick auf den Kalender machte die Sache dann konkret: Noch könnte ich das neue MacBook Pro problemlos zurückgeben – wenn ich mich in drei Monaten jedoch erneut dabei erwischen würde über die Touch Bar zu fluchen, gäbe es keinen Weg mehr zurück.
Klick. Browser auf. Apple Order Status. Rückgabeanfrage. Und den UPS-Paketschein ausgedruckt.
Und jetzt? Vielleicht zum 12 Monate alten iMac greifen? Das MacBook Air so lange runter-rocken bis eine Entscheidung erzwungen werden muss? In den sauren Apfel beißen und das teure aber schlechtere Modell mit normaler Tastatur kaufen? Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung.
Und um eins vorweg zu nehmen. Zumindest ifun.de-intern stehe ich mit der Enttäuschung über die neue Wundermaschine nicht ganz allein da. Auch Kollege Chris steht kurz davor den Rückgabeprozess in Gang zu setzen. Vielleicht melden wir uns ja noch mal zu Wort, wenn auch hier eine Entscheidung getroffen wurde.