Ein Wachhund mit Kreidezähnen
Neues Jugendschutzgesetz: Stumpfes Schwert gegen Glücksspiel-Apps und Lootboxen
Der Bundestag hat die Novelle des Jugendschutzgesetzes, die im vergangenen Jahr von Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgestellt wurde, beschlossen und an den Bundesrat weitergereicht.
Bundesministerin Franziska Giffey
Die Überarbeitung des Gesetzestextes (PDF) kümmert sich nicht nur um überfällige, semantisch Eingriffe und streicht etwa die Nutzung des aus der Zeit gefallenen Begriffes der „Videokassette“, sondern bereitet auch substanzielle Änderungen zum Schutz der Heranwachsenden vor.
Kostenfallen-Kennzeichnung, wenn überhaupt
Dies behauptet zumindest die Familienministerin und betont, dass die Gesetzesnovelle Minderjährige nicht nur vor Mobbing und sexueller Anmache schützen soll, sondern sich auch gegen Kostenfallen stark machen wird, die sich in digitalen Spiele-Angeboten vor allem als Lootboxen und In-App-Käufe auftreten.
Eine schöner „Talking Point“, der dem genaueren Blick auf die Gesetzesnovelle jedoch nicht standhält.
Lediglich neue Alters-Kriterien…
So stellt man beim Lesen des Entwurfes schnell fest, dass sich der auch in der Pressemitteilung des Ministeriums gesondert betonte Schutz vor Kostenfallen auf zwei simple Mini-Verbesserungen reduzieren lässt, die drei Abstraktionsebenen tief im Gesetzestext versteckt sind.
Zum einen definiert der neue §10b was der Gesetzgeber unter „entwicklungsbeeinträchtigenden Medien“ versteht. Dies ist relevant, da sich daran die Alterseinstufung der Inhalte bemisst.
Hier soll der folgenden Satz fortan dafür sorgen, dass auch „Phänomene wie Kommunikationsrisiken in Online-Spielen, simuliertes Glücksspiel, glücksspielähnliche Elemente wie „Lootboxen“ oder das Verleiten zur Preisgabe persönlicher Daten in angemessener Weise Einzug in die Kriterienbildung und Altersbewertung finden“:
[…] Insbesondere sind nach konkreter Gefahrenprognose als erheblich einzustufende Risiken für die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen der Nutzung des Mediums auftreten können, angemessen zu berücksichtigen.
… und ein Icon
Der zweite Vorstoß des Gesetzes: Neben der Alterskennzeichnung sollen Spiele auch mit „beschreibenden Symbolen“ gekennzeichnet werden können, wenn diese über glücksspielähnliche Elemente verfügen.
Es bleibt also alles beim Alten, mit der kleinen Einschränkung, dass von In-App-Käufen durchseuchte Spiele demnächst mit einer anderen, von vielen Anwendern ohnehin nicht beachteten Altersangabe im App Store ausgezeichnet sind – vielleicht begleitet von einem zusätzlichen Icon, das erst noch gestaltet werden muss.