Digitaler Nachlass
Bundesgerichtshof: Benutzerkonten sind vererbbar
Der Fall hatte im Vorfeld des heute gefällten Urteils für Aufsehen gesorgt: Haben hinterbliebene Eltern einen Rechtsanspruch, auf das Facebook-Konto der verstorbenen Kinder zuzugreifen?
Facebook selbst wollte die Zugangsdaten nicht herausrücken, die betroffene Mutter zog daraufhin vor Gericht. Heute hat der Bundesgerichtshof entschieden: Der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist vererbbar.
Laut dem III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs müssen Benutzerkonten grundsätzlich im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge berücksichtigt werden und gehen entsprechend auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten über.
Initial wurde der Fall 2015 vor dem Landgericht Berlin verhandelt, wurde im Mai 2017 dann vom Kammergericht geändert und nun in der vom Berufungsgericht zugelassene Revision noch mal korrigiert. Anders formuliert: Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Die Erben haben gegen die Beklagte einen Anspruch, ihnen den Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren.
Das Gericht erklärt den Sachverhalt noch mal in der heute ausgegebenen Pressemitteilung (PDF) zum Aktenzeichen III ZR 183/17:
Die Klägerin ist die Mutter der im Alter von 15 Jahren verstorbenen L. W. und neben dem Vater Mitglied der Erbengemeinschaft nach ihrer Tochter. Die Beklagte betreibt ein soziales Netzwerk, über dessen Infrastruktur die Nutzer miteinander über das Internet kommunizieren und Inhalte austauschen können.
2011 registrierte sich die Tochter der Klägerin im Alter von 14 Jahren im Einverständnis ihrer Eltern bei dem sozialen Netzwerk der Beklagten und unterhielt dort ein Benutzerkonto. 2012 verstarb das Mädchen unter bisher ungeklärten Umständen infolge eines U-Bahnunglücks.
Die Klägerin versuchte hiernach, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen.
Die Klägerin beansprucht mit ihrer Klage von der Beklagten, den Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, insbesondere zu den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten. Sie macht geltend, die Erbengemeinschaft benötige den Zugang zu dem Benutzerkonto, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob ihre Tochter kurz vor ihrem Tod Suizidabsichten gehegt habe, und um Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren.