Apple-Datenschützer will Wogen glätten
Apples Fotoscans: Schutz für Kinder oder nur vorauseilender Gehorsam?
Apple gibt sich allergrößte Mühe, die Wogen der in der vergangenen Woche angekündigten Kinderporno-Kontrollmaßnahmen zu glätten. Dies zeigt auch, dass sich mit Erik Neuenschwander der für den Bereich Datenschutz verantwortliche Manager des Unternehmens auf ausgiebiger Interview-Tour befindet. Gegenüber dem Magazin TechCrunch versucht der Apple-Verantwortliche, die Bemühungen des Konzerns in ein positives Licht zu stellen.
Neuenschwander betont einmal mehr, was kaum jemand anzweifelt. Apple hat sich wohl allergrößte Mühe gegeben, die neuen Funktionen verlässlich und sicher gegen Missbrauch zu integrieren. Man habe das System so konzipiert, dass die Privatsphäre jedes Nutzers, der sich nicht an den illegalen Machenschaften beteiligt, völlig ungestört bleibt. Zudem könne man als Nutzer die Funktion komplett deaktivieren, indem man iCloud Fotos nicht nutze.
Apple: Funktionsweise der lokalen Kinderporno-Scans
In seinen Darlegungen erklärt Neuenschwander die Apple-Maßnahmen im Detail, lässt allerdings die oft geäußerte grundsätzliche Kritik mit Bezug auf die Intervention Apples auf dem persönlichen Gerät weitgehend außen vor.
Terrorismus und Kinderpornografie waren schon immer beliebte Argumente wenn es darum ging, Überwachungsmaßnahmen zu verschärfen. Dennoch ist kaum vorstellbar, dass die Entrüstung der Apple-Kunden angesichts der vergangene Woche angekündigten Maßnahmen für Apple überraschend kommt. Vielmehr scheint der Konzern hier nach dem Motto „Augen zu und durch“ zu handeln und darauf zu bauen, dass sich die Aufregung zeitnah wieder legt.
iCloud-Inhalte werden längst gescannt
Diese Strategie enttäuscht und Apple kann den Eindruck nicht abschütteln, dass diese Anstrengungen in vorauseilendem Gehorsam auch dazu dienen sollen, kommenden regulatorischen Auflagen gerecht zu werden. Wo noch bis vor kurzem argumentiert wurde, man habe keinen Zugriff auf die Daten der Nutzer, sollen jetzt automatisierte Prozesse dafür sorgen, dass dieser Nutzer ausschließlich mit legalen Dateien hantiert. Wohlgemerkt will sicher niemand den Kampf gegen Kinderpornografie kritisieren, doch muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass sich der Widerstand gegen die angekündigten Maßnahmen mit keiner anderen Argumentation derart gering halten ließe. Wir zweifeln nicht daran, dass Apple seine Werkzeuge tatsächlich nur wie angekündigt einsetzt, doch zeigt der Konzern hier auch erstmals offen die Bereitschaft und Möglichkeiten auf, die privaten Inhalte der Nutzer im Einklang mit den Behörden und zudem ohne konkreten Anlass zu kontrollieren.
Diesen Wandel in der Strategie von Apple muss man vor Augen haben, wenn man die Diskussionen um die Einführung der neuen Kinderschutzmaßnahmen betrachtet. Damit verbunden wollen wir auch nicht vergessen, dass Apple hier in der Vergangenheit keinesfalls untätig war – nur liefen die Kontrollen eben nicht direkt auf dem Telefon der Nutzer. Das Unternehmen scannt eigenen Worten zufolge bereits seit geraumer Zeit auf iCloud geladene Inhalte aktiv „auf potentiell illegales Material, wie etwa vor Inhalten im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung von Kindern“.
Werden stattdessen Online-Inhalte vor Fremdzugriff geschützt?
Dies im Kopf muss man sich fragen, warum Apple diese Kontrolle nun auf die Geräte seiner Nutzer ausweiten will. Denkbar wäre, dass Apple letztendlich doch mit Planungen befasst ist, die iCloud-Inhalte der Nutzer so zu verschlüsseln, dass nur noch der Kunde selbst Zugriff darauf hat. Apple wird seit geraumer Zeit vorgeworfen, das Sicherheitskonzept Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht zu Ende zu denken. Als schwerwiegender Vorwurf liegt dabei im Raum, dass der Hersteller hier vorhandene Pläne auf Druck des FBI hin zurückgestellt hat.
Ein großer Teil der Apple-Kunden würde die Option zur vollkommenden Ende-zu-Ende-Verschlüsselung seiner persönlichen Inhalte mehr als willkommen heißen. Per Schalter ließe sich dann bestimmen, dass auch Apple selbst jeder Zugriff auf die iCloud-Inhalte verwehrt würde und man stattdessen gezielt selbst kontrollieren könnte, was man auf welche Weise mit wem teilt. Dazu würde auch die Freigabe einzelner iCloud-Alben oder -Fotostreams zählen, die sich dann aufgrund ihrer – wenn auch begrenzten – Öffentlichkeit nachvollziehbar auch den Kontrollmechanismen von Apple als Cloud-Anbieter unterwerfen müssten.