Kinderecke: Die Mathe-App „Fingerzahlen“
Zähne, Zebras, Zeppeline – Graf Zahl zählt sie alle. Vorwärts, rückwärts, rauf und runter. Kinder lieben ihn dafür und zählen mit. Wer immer eifrig weiter zählt, zeigt eine neue Studie, wird vielleicht kein Gregori Perelman oder liebenswerter Neurotiker wie Graf Zahl. Er wird aber eine positive Einstellung zu Zahlen, Maßen und Mengen entwickeln. Eine wichtige Voraussetzung für Erfolg im Matheunterricht. Gute Mathenoten, heißt es in der Studie, seien eben keine Frage der Intelligenz, sondern der inneren Motivation.
Ganze Wälder sind schon niedergeschrieben worden zur Frage, wie Menschen sich motivieren. Ein unbestrittener Aspekt aber ist das Verstehen. An diese Erkenntnis knüpft auch die erstklassige Mathe-App „Fingerzahlen“ (AppStore-Link) an, die von dem Lehrer Christian Urff ursprünglich für die Förderschule entwickelt wurde. Ihr besonderes Konzept macht sie besonders bekömmlich für kleine Zahlenvampire, die das mit dem Addieren und Subtrahieren noch nicht so ganz verdaut haben.
Während andere Mathe-Apps Schäfchen zusammenzählen, denkt Urff in der App „Fingerzahlen“ die Möglichkeiten des iPads weiter und koppelt die wichtigste Geste beim Touchscreen – das Zeigen – an das intuitive Zählmittel überhaupt – die Finger. Mengen werden so durch die Anzahl der berührenden Finger dargestellt. Das Kind rechnet mit seinen Händen. Diese Form der Visualisierung hat gegenüber Karotten-zähl-Apps einige Vorteile: Kinder haben ihre Hände immer und überall dabei.
Fingerzahlen verzichtet auf Karotten
„Fingerzahlen“ gibt ihnen also im wörtlichen Sinne eine alltagstaugliche Lösungsstrategie an die Hand, um sich die abstrakte Symbolsprache der Mathematik vorstellbar zu machen. Darüber hinaus wird sehr viel Eigeninitiative gefordert. Die Darstellung des Zahlenbegriffs wird nicht vom Tablet automatisch übernommen. Das Kind ist an diesem Prozess tatsächlich beteiligt.
In vier Spielen erforscht es so mit seinen Fingern Zahlen und ihre Zusammenhänge. Ziel der Übungen ist es dabei, nicht mehr einzelne Objekte abzuzählen – denn die Grundlage mathematischen Denkens ist das Erfassen von Mengen auf einen Blick. Bekanntlich kann der Mensch sieben Dingen auf einmal erfassen. Angehende Mathe-Profis müssen also Strategien entwickeln, ihre Aufgaben in kleinere Portionen zu zerlegen. Auch hier hat Urff mitgedacht: um nichtzählenden Lösungen der Aufgaben zu fördern, werden in einigen Spielen die Mengenbilder nur kurz eingeblendet.
Wem das auf die Schnelle zu viele Infos waren (immerhin mehr als sieben), der sei getröstet: Auf seiner Homepage bzw. in der App beschreibt Christian Urff seine Didaktik noch einmal ganz ausführlich und zum Nachschlagen. Die Hinweise, die Urff darin zu seinen Spielen gibt, helfen Eltern, die Verständnisschwierigkeiten ihrer Kinder besser nachzuvollziehen. Immerhin liegt der eigene Grundschulunterricht ja schon eine Weile zurück.
(Direkt-Link)
Alles in allem ist „Fingerzahlen“ eine durch und durch didaktische Mathe-App, die vielleicht nicht ganz so gefällig gestaltet ist wie andere Lern-Apps. Dafür mit viel Gefühl für die Probleme kleiner kluger Köpfe.
Johanna Rosenfeld schreibt in ihrem Blog besonderekinderapps.de über freche, schlaue, kluge und schöne Apps für Kinder – unabhängig und ohne Werbebotschaften.
Die Buchautorin, Illustratorin und junge Mutter lebt und arbeitet in Berlin, schreibt in der Kinderecke auch für ifun.de und freut sich über einen Besuch auf ihrer Facebook-Seite.