Apples TV-Ambitionen: Eigenproduktionen als Notlösung
Sollte der Bericht des ehemaligen Reuters-Journalisten Ronald Grover zutreffen und Apple wirklich mit der Überlegung spielen – dem Vorbild von Netflix und Amazon folgend – eigene TV-Inhalte produzieren zu lassen, könnte Apples TV-Box in Zukunft noch einen ganzen Zacken interessanter werden als bislang.
Dennoch, in Cupertino dürfte man das Ausweichen auf Eigenproduktionen eher als Notlösung betrachten. Bislang soll sich Apples Content-Team in laufenden Verhandlungen mit den großen amerikanischen TV-Anstalten befunden haben. Geplant war vermutlich der Vollzugriff auf das Premium-Programm der US-Sender, eine Art Flatrate für amerikanische Verbraucher, die kein Interesse mehr am überteuerten Kabelfernsehen haben und vielerorts nur noch ihre TV-Monatsgebühren entrichten, da Kabelanschluss und Online-Zugang in Übersee oft nur im Paket geliefert werden.
Nun soll Cupertino also auf Selbstproduziertes ausweichen. Eigene Erfahrungen konnte man ja bereits mit der Beats-Radiostation sammeln. Grover schreibt:
The Cupertino-based tech giant began sounding out Hollywood’s creative community late last year, but has yet to sign any agreements, according to two people with knowledge of the overtures. One plan is to have deals in place so Apple can announce exclusive content as part of a cable-like offering in September, when it is expected to unveil its iPhone 7, said one of the people.
Interessante Entwicklungen, die eine Frage aufwerfen: Scheiterte Eddy Cue? Apples Entertainment-, Content- und Services-Mann, der sich mit den Hollywood-Größen nun über (hoffentlich spannende) TV-Inhalte unterhält und über ein unglaubliches Verhandlungsgeschick verfügen soll, war eigentlich dafür abgestellt, die TV-Sender zu einem Content-Deal zu bewegen. Platzt das erhoffte TV-Bundle nun?
Die zähen Verhandlungen mit der amerikanischen TV-Industrie dürften vor allem Apples dominierender Position im Musik-Business „zu verdanken“ sein. Als Cupertino damals den iTunes Store ins Leben rief und anfing digitale Musik zu verkaufen, sicherte sich Apple hervorragende Lizenzverträge mit den Content-Anbietern und hielt bald ein Quasi-Monopol. Musik kaufte man bei iTunes – die Verhandlungsposition der im iTunes Store vertretenen Label verschlechterte sich mit dem Wachstum des MP3-Kaufhauses kontinuierlich.
Rückblickend war die Musikindustrie zu naiv. Ein Fehler, den die TV-Macher nicht wiederholen wollen. Das Ergebnis: Apple-Eigenproduktionen, die mit dem hervorragenden Angebot von Netflix, HBO und Amazon konkurrieren müssen.
Ja, das klingt nach Notlösung.
Apple selbst hat auf einen Kommentar zu Grovers Bericht verzichtet.