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Neues Hobby zum Rein-Nerden

Creality Ender-3 S1 Pro und der (komplizierte) Einstieg in den 3D-Druck

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Seit einigen Wochen hängt an unserem iMac ein 3D-Drucker. Der Ender-3 S1 Pro von Creality, eines der beliebtesten Einsteiger-Geräte überhaupt. Schon für 349 Euro zu haben und funktional im ambitionierten Mittelfeld. In den folgenden Zeilen haben wir unsere ersten Erfahrungen mit dem Drucken erster Objekte und überhaupt, Beobachtungen unserer ersten Gehversuche notiert, die wir anfangs ganz anders eingeschätzt hatten.

Ender Drucker

Der Aufbau ist in 15 Minuten abgeschlossen

Was nämlich unsere Einschätzung der Komplexität und der Lernkurve des neuen, praktischen Hobbys anging, sind wir gehörig auf die Nase gefallen. Wer nicht nur fertige Dateien „von der Stange“ drucken möchte, aber bislang noch keine Erfahrungen mit der Modellierung virtueller Objekte gemacht hat, der stellt schnell fest: 3D-Drucker können nicht einfach genutzt, die Maschinen wollen verstanden werden.

Dies freut zwar den inneren Nerd, lässt aus der ursprünglichen Idee, mal eben Ersatzteile und Accessoires für eigene Zwecke zu entwerfen und zu drucken, aber doch eher ein langwieriges Projekt werden, das erste vorzeigbare Ergebnisse erst nach zahlreichen Fehlversuchen zutage förderte. Diese erfüllen den 3D-Anfänger dann zwar mit Stolz und einer sehr zufrieden stellenden Genugtuung, benötigen aber einiges an Vorarbeit.

Der Drucker: Creality Ender-3 S1 Pro

Der Anbieter Creality bietet mit seinen 3D-Druckern der Ender-Serie eines der beliebtesten Maschinen-Portfolios am Markt an. Wirft man einen Blick in Portale wie Thingiverse, auf denen Anwender ihre Durck-Kreationen zum Nachdrucken teilen, dann gehören kleine Ergänzungen für die Ender-Modelle zu den populärsten Projekten.

Das S1-Pro-Modell verfügt über hervorragende Einsteiger-Qualitäten wie eine automatische Nivellierung (dazu später mehr) und ein integriertes LC-Display, Drucktemperaturen von bis zu 300 ° und eine deutsche Benutzeroberfläche. Zudem bietet der Hersteller begleitende Mac-Applikationen an und erlaubt die direkte Kabel-Verbindung zwischen Mac und Drucker, was den Transfer neuer Druck-Dateien auf einen einfachen Knopfdruck reduziert. Diese Grafik bietet einen guten Überblick der technischen Spezifikationen.

Crealitys Ender-3 S1 Pro im Hersteller-Video

Kurz zum Verkaufspreis: Hersteller Creality listet den Ender-3 S1 Pro mit einem Verkaufspreis von 519 Euro. Der Straßenpries liegt realistisch bei etwa 440 Euro auf Amazon. Wer auf dem Import-Portal geekbuying.com bestellt, der wird aus Europa beliefert und zahlt nach Eingabe des Codes „NNNCREALITYPRO“ nur noch 349 Euro – dies ist weniger als die Hälfte dessen, was Anker für den AnkerMake M5 aufruft.

Zurück zum Gerät: Der Ender-Drucker besitzt eine beheizte und magnetische Federstahl-Druckplatte mit Nutzmaßen von 22 cm x 22 cm x 27 cm, verfügt über zwei motorisierte Z-Achsen und ist in der Lage sich selbst zu nivellieren.

Nivellieren. Ein Wort, das auch wir erst mal lernen mussten. Damit ist die Kalibrierung der Abstände zwischen Druckkopf (dem so genannten Extruder) und der Druckplatte gemeint, sowie die anschließende Feinjustierung der Extraktionsdüse, die die Druckplatte innerhalb weniger Sekunden akribisch abtastet um so die besten Druckergebnisse zu gewährleisten. Da im Druck mit Wandstärken von nur 0,1 mm Dicke gearbeitet wird, sind größere Toleranzen was Abstand zwischen Druckplatte und Druckkopf angeht, nämlich nicht vorgesehen.

Was den Aufbau des Druckers angeht, halten sich die Herausforderungen noch im überschaubaren Rahmen. Spricht: Das Handbuch kann hier bedenkenlos zur Seite gelegt werden. Stattdessen wird vom Hersteller an die Hand genommen und bekommt ein leicht nachvollziehbares Video an die Seite, das durch den gesamten Zusammenbau begleitet. Dieser beschränkt sich hauptsächlich auf das Verschrauben der Druckerbasis und der motorisierten Achsen sowie auf die Verbindung der elektronischen Komponenten.

Schritt-für-Schritt: So läuft der Zusammenbau

Ist der Drucker aufgebaut, lassen sich Basis-Einstellungen wie die präferierte Sprache, die zum Druckmaterial passenden Temperatur und mehr über den kleinen Touchscreen konfigurieren. Druck-Dateien werden über den SD-Kartenschacht auf der Gerätevorderseite oder direkt per USB-C-Kabelverbindung mit dem Mac transferiert.

Wir haben wir nach dem Aufbau erst mal eine der Vorlagen-Dateien des Herstellers drucken lassen und haben uns, vom schnellen Erfolgserlebnis und der auf Anhieb guten Druckqualität an der Nase herumführen lassen. Die nächsten Schritte sollten deutlich herausfordernder werden.

STL-Modelle und Slicer

Grundsätzlich verlaufen die meisten Druckprojekte ähnlich. Eine so genannte STL-Datei, in der das zu druckende 3D-Objekt gesichert ist, wird an einen Slicer übergeben. Dabei handelt es sich um eine meist herstellerspezifische Anwendung, die die 3D-Datei im druckbare Schichten (also in Scheibchen bzw. Slices) aufteilt, die vom 3D-Drucker selbst dann nach und nach auf die Druckplatte aufgetragen werden.

Der Slicer von Creality heißt auch genauso, nämlich Creality Slicer, steht als kostenfreie Mac-Anwendung zur Verfügung und bietet zahlreiche Optionen an, mit denen nach Belieben experimentiert werden kann.

Creatly Slicer 2000

Läuft auf dem Mac: Der Creality Slicer

Dies bedeutet: Selbst wer bereits mit einem fertigen 3D-Modell in Form einer STL-Datei startet, hat hier schon hunderte von möglichen Konfigurationseinstellungen, die das Ergebnis des Drucks beeinflussen können. Dazu gehören etwa Support-Stützen, die das Umkippen überhängender Druckbereiche verhindern und kleine Fundamente, die dafür sorgen, dass der Anfang eines Drucks auf der Druckplatte nicht verrutscht.

Die so genannte Infill-Stärke kann ebenfalls verändert werden. Diese legt fest, wie viel Material zwischen den Außenwänden des Objektes eingesetzt wird. Mehr Infill sorgt für eine größere Robustheit, verlängert aber auch die Druckdauer massiv.
Druckdauer

Der Monitor zeigt Druckdauer und Temperaturen

Überall bietet die Software Drehregler, Werte und Funktionen an, die verstanden, begriffen und ausprobiert werden wollen. Wir drucken Einkaufswagen-Öffner, Zubehör für bereits vorhandenes Makita-Werkzeug, Trillerpfeifen und Schuhe für Barbie-Puppen – vor allem um mit den zahlreichen Sicer-Einstellungen herumspielen zu können.

Slicer Settings 2000

Zahlreiche Einstellungen zum Experimentieren

Im Slicer werden aus den STL-Dateien dann GCODE oder 3MF-Dateien, die ihrerseits direkt an den Drucker übergeben werden können und von diesem als Druckanleitung verstanden und abgearbeitet werden.

Drucken von der Stange

Einsteiger können hier erst mal mit den fertigen STL-Projekten experimentieren, die es auf Portalen wie Thingiverse, Sketchfab und Co. zu Hauf angeboten werden, fast immer kostenfrei verfügbar sind und alle möglichen Aufgaben erledigen.

Von Badezimmerhaken, über Ersatzteile für ganz spezifische Spülmaschinen-Modelle bis hin zu Spielzeugen und unzähligen grundfunktionalen Projekten lassen sich hier so ziemlich alle Objekte aus dem Netz laden, die das Herz begehrt. Die iPhone-App STL-Finder hilft übrigens dabei vier gängige Portale in einem Rutsch zu durchsuchen.

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‎STL Finder: 3D Printing Models
‎STL Finder: 3D Printing Models
Entwickler: Francisco Antonelli
Preis: Kostenlos
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Anschließend kann man sich die Zeit dann hervorragend mit dem Test unterschiedlicher Slicer-Einstellungen und unterschiedlicher Filamente vertreiben und so ein erstes Gespür dafür bekommen, wie robust unterschiedliche Druckeinstellungen sind, welche Auswirkungen die verwendeten Filamente auf Oberflächenbeschaffenheit und Flexibilität der fertigen Objekte haben und welche Einstellungen erfolgversprechender als andere sind.

Selber machen. Mit Shapr3D?

Langfristig jedoch dürften die allermeisten Nutzer von 3D-Druckern wohl den Anspruch hegen, eigene Projekte zu realisieren. Dafür kommt man an der Nutzung professioneller 3D-Werkzeuge nicht vorbei. Sucht man nach brauchbaren angeboten, tut sich ein weiteres Universum auf, in dem Googles SketchUp, das Open-Source-Projekt Blender und Tinkercad nur drei Kandidaten von etlichen sind.

Wir haben uns (auf Rat von begeisterten Freunden) für die Shapr3D-Anwendung entschieden, die nicht nur auf dem Mac, sondern auch auf dem iPad genutzt werden kann und dort eine hervorragende Unterstützung für den Apple Pencil anbietet.

Capture

Shapr3D: Läuft auf iPad, Mac und Windows

Das Problem: Die Lernkurve hier ist gewaltig und verlangt ein komplett neues Denken. Wer, wie wir, noch keine Berührung mit ernster 3D-Modellierung hatte, der muss, auch wenn er sich am Rechner und in zweidimensionalen Anwendungen wie Photoshop ansonsten eigentlich sehr wohl fühlt, ein komplett neues Denken lernen. Dies ist uns Anfang sehr schwer gefallen.

Ein Beispiel: Die Kunststoffblende zur Abdeckung einer Öffnung im Rahmen alten Kawasaki-Motorrades. Auch diese findet sich auf Portalen Thingiverse bereits zum Herunterladen und Ausdrucken (was wir auch gemacht haben).

Rahmen Cover

Ein erster Testdruck und die zerbrochene Original-Abdeckung

Abdeckung

Der 3D-Druck erledigt seinen Job

Wir wollten die auf den ersten Blick recht einfache Form aber eigentlich nutzen, um selbst Erfahrung mit der Modellierung physischer Objekte zu machen. Dies wollte auch im dritten Anlauf nur bedingt glücken, weshalb wir uns auf der Freelancing-Plattform fiverr.com umgeschaut haben.

Dort lassen sich Designer, Programmierer und eben auch 3D-Modellierer für kleine Auftragsarbeiten buchen. Hier haben wir etwa 40 Dollar investiert, um uns dort von einem Profi nicht nur die Abdeckung erstellen zu lassen, sondern auch eine mitlaufende Bildschirmaufnahme, die den gesamten Arbeitsprozess in Shapr3D in Echtzeit dokumentiert hat.

Ein Ausschnitt des angeforderten Profi-Videos

So konnten wir einen Profi 20 Minuten bei der Arbeit über die Schulter schauen und dabei lernen, wie genau dieser unsere Form in ein 3D-Objekt umgesetzt hat und was zu tun ist, um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen. Eine Videoanleitung, die uns beim Einstieg in Shapr3D mehr als jedes bis dahin angeschautes YouTube-Tutorial geholfen hat.

Das Bildschirmvideo war ein Sprungbrett, das uns dabei geholfen hat Werkzeuge, Funktionen und Logiken der Shapr3D-Applikation zu verstehen, die wir inzwischen für den Bau eigener Modelle nutzen.

Diese werden vom Ender souverän auf die Platte befördert und mit vollkommen akzeptablen Qualitätsergebnissen ausgegeben. Inzwischen lassen wir den Drucker gerne mal die Nacht hindurch laufen und lerne momentan die Unterschiede unterschiedlicher Filament-Typen kennen.

Neues Hobby zum Rein-Nerden

Wer also Grundsätzlich Spaß an Rechnern, Elektronik, Software und Bastelarbeiten hat, der kann mit dem Einsteig in den 3D-Druck eine Tür zu hundert neuen Welten öffnen, die verstanden, entdeckt und erobert werden wollen. Eine Reise auf die man Lust haben muss und eine Reise für die man auch Zeit haben muss – Crealitys Ender-3 S1 Pro ist ein guter Begleiter.

Der Drucker selbst ist jedoch nur der Tuschkasten, welche Bilder ihr damit auf die Staffelei bringt, liegt nur bedingt an der Qualität von Borsten und Farben, sondern vor allem daran, ob ihr schön Malen könnt beziehungsweise gewillt seid, schön Malen lernen zu wollen.

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‎Shapr3D: Modellierungs-CAD
‎Shapr3D: Modellierungs-CAD
Entwickler: Shapr3D Zrt
Preis: Kostenlos+
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27. Mai 2023 um 09:17 Uhr von Nicolas Fehler gefunden?


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