Blick über den Tellerrand
Battlefield 2042 angespielt: Noch nicht ganz rund und dennoch großartig
Erst Ende September hat EA die Titel Mirror’s Edge Catalyst, Unravel Two, Dragon Age: Inquisition und Battlefield 1 für Nvidias Cloudgamingdienst GeForce Now freigegeben. Entsprechend hielt sich die milde Hoffnung, dass auch Battlefield 2042 pünktlich zum Start in der Spielebibliothek von Nvidias Cloudservice aufgenommen werden könnte.
Zwischenzeitlich ist der einwöchige Early Access gestartet, ehe der Titel ab dem 19. November auch für Käufer der Standard Edition freigegeben wird. Doch die Unterstützung von GeForce Now oder Stadia steht weiterhin leider nicht in Aussicht. Wer auf kein laufendes Abo bei Shadow zugreifen kann benötigt zum Spielen von Battlefield 2042 also weiterhin zwingend einen PC mit Windows (bei den alten Intel Macs mit dedizierter Grafikkarte hilft Bootcamp) oder eine Konsole. Als passionierter Battlefieldspieler der ersten Stunde möchte ich dennoch den Blick über den macOS Tellerrand werfen.
Mit Battlefield 2042 ist DICE von ihrem üblichen Zweijahresrhythmus abgewichen und hat sich ein zusätzliches Jahr Entwicklungszeit eingeräumt. Nach dem eher unehrenvollen Ende von Battlefield V sicherlich keine schlechte Entscheidung. Trotz vielversprechendem Start litt der Vorgänger unter technischen Problemen. Angekündigter Content verschob sich über Monate, zusätzliche Fehlentscheidungen beim Balancing erzürnten die Community noch weiter. Weshalb EA und DICE gut eineinhalb Jahre nach Release das Handtuch warfen und sich entschieden keine weiteren Inhalte mehr für den Serienteil nachzuliefern.
Die zusätzliche Zeit und Kapazitäten hat DICE offensichtlich gut genutzt um Battlefield 2042 direkt zum Start mit reichlich Inhalt zu versorgen. Der jüngste Teil der Shooterserie bringt somit gleich drei übergeordnete Spielmodi mit. „All-Out Warfare“ vereinigt mit Conquest und Breakthrough den altbekannten Kampf um Flaggen, „Hazard Zone“ stellt einen Mix aus Hunt: Showdown, Escape from Tarkov und klassischeren Battle Royale Spielen dar und „Portal“ lässt euch längst vergangene Tage wieder aufleben und wortwörtlich tun und lassen, was ihr wollt.
Auf Firestorm folgt Hazard Zone
In dem neuen Spielmodus Hazard Zone müsst ihr als Vierersquad Datenträger aus abgestürzten Satelliten bergen und zu Extraktionspunkten bringen. Allerdings gibt es je Runde nur zwei Evakuierungen und zusätzlich wollen euch die konkurrierenden Squads eure Beute abjagen. In Hazard Zone dürfte auch die Abkehr vom alten Klassensystem begründet liegen. Statt als Medic, Versorger, Ingenieur oder Aufklärer in die Schlecht zu ziehen, schlüpft ihr diesmal in die Rolle der als „No-Pats“ bezeichneten Spezialisten.
Wie in anderen Heroshootern üblich verfügt auch jeder der Spezialisten über individuelle Fähigkeiten und ein eigenes Gadget. Die restliche Ausrüstung und Bewaffnung kann hingegen völlig frei gewählt werden. Ihr könnt also durchaus der Feldärztin Maria Falck ein Präzisionsgewehr in die Hand drücken und zusätzlich eine Panzerabwehrrakete ins Gepäck legen. Jeder Spezialist kann pro Squad nur einmal gewählt werde, ihr solltet euch also vor Beginn des Matches eine gemeinsame Strategie überlegen und eure Spezialisten und Ausrüstung eurer Taktik anpassen.
Evergreen Conquest
Während die Spezialisten für den Hazard Zone Modus durchaus eine sinnvolle Neuerung darstellen, sorgen sie im klassischen Conquestmodus eher für Verwirrung. So ist es nicht mehr möglich anhand der Klassenwahl schnell auszumachen, welche Ausrüstung euer Squad bereits im Gepäck hat. Oder wie ein entdeckter Gegner ausgerüstet sein könnte. Mangels eindeutiger Uniformen lässt sich rein anhand der Optik nichtmal genau erkennen, ob euer Gegenüber Freund oder Feind ist. Da alle Spezialisten auf beiden Seiten vertreten sind, lässt sich anhand der Stimmausgabe ebenso wenig ausmachen, ob die Spielfigur die in eurem Rücke brüllt zu euch oder den Gegnern gehört. Zwar arbeitet DICE daran das Problem zu entschärfen und Spieler eures Teams und Squads werden durch einen blauen bzw. grünen Punkt markiert. Dennoch stößt das Ende der Klassen nicht bei jedem Battlefieldveteranen auf Begeisterung, zumal DICE mit den Spezialisten und ihren Fähigkeiten auch ein Stück weit das Tor zur potenziellen Balancinghölle aufgestoßen hat.
Gespielt werden Conquest und Breakthrough mit bis zu 128 Spielern (auf PS4 und Xbox One max. 64 Spieler) auf den insgesamt 7 neuen und abwechslungsreichen Karten. Da die Karten sehr groß und weitläufig sind, umkämpft ihr diesmal jedoch nicht mehr einzelne Flaggen, sondern Sektoren die mehrere Flaggen umfassen. Um einen Sektor zu erobern muss euer Team all dessen Flaggen gleichzeitig halten, das Team mit weniger Sektoren erleidet den üblichen Ticket Bleed. Insgesamt ist auf den Karten damit zwar viel los, zumal fehlende Spieler durch einigermaßen brauchbare Bots ersetzt werden, dennoch verteilt sich die Spielermasse im Conquestmodus recht gut.
In Breakthrough sind die Kämpfe hingegen konzentrierter, da durch die relativ klare Angriffslinie beide Teams direkt aufeinander stoßen. Zurzeit haben einige Karten allerdings mit Engpässen zu kämpfen, an denen die Angriffswelle bricht und sich die Angreifer chancenlos an den Verteidigern festfressen, bis sie keine Tickets mehr zur Verfügung haben.
Portal vereint sie alle
Der Portal Modus wird von Battlefield Veteranen sicherlich nicht zu Unrecht am meisten gefeiert. DICE hat sich die Mühe gemacht Karten, Klassen, Waffen, Gadgets, Fahr- und Flugzeuge aus Battlefield 1942, Bad Company 2 und Battlefield 3 neu aufzulegen und schmeißt alles zusammen mit den neuen Inhalten in einen großen Topf, aus dem die Community nahezu frei schöpfen kann.
So können ganz klassisch die Vorgänger auf einigen der alten Karten in schöner, neuer Optik gespielt werden – inklusive des weiterhin grandiosen Rush Modus. Oder ihr nutzt den Experience Builder und stellt euren Modus nach eurem Belieben zusammen. Neben spielbaren Fraktionen, Waffen, Fahrzeugen und Modifikatoren könnt ihr mit einer Art Scratch Block Editor noch tiefer in die Mechanik eures Matches vordringen und zum Beispiel andere Siegbedingungen festlegen.
Zwar hapert es bei Battlefield 2042 noch an der ein oder anderen Stelle und einige Spieler kämpfen trotz potenter Hardware mit Performanceproblemen. Auch stören Bugs wie verschwindende Spielermarkierungen einzelner Teammitglieder oder gelegentliche Probleme beim Wiederbeleben gefallener Mistreiter, womit dem Titel noch ein wenig mehr Entwicklungszeit nicht geschadet hätte (der Start wurde bereits von Oktober auf November verschoben). Doch obgleich Battlefield 2042 mit einigen Tugenden bricht – über den Wegfall des Klassensystems komme ich einfach nicht hinweg – fühle ich mich auch im neusten Serienteil umgehend heimisch und feiere meine persönlichen „Just in Battlefield“ Momente. Gunplay und Movement sind sehr direkt, optisch ist der Taktikshooter selbst mit der nicht tagesaktuellen Grafikkarte meines Testsystems eine Wucht. Ich komme also nicht umhin zu sagen; Battlefield 2042 bereitet zumindest mir einen Heidenspaß.
Wer sich noch bis Freitag gedulden kann findet mit der Standard Edition für 59,99 Euro für den PC bzw. 79,99 Euro für Playstation und Xbox den günstigsten Einstieg in das Battlefielderlebnis (sicherlich gibt es auch abseits von Origin und Steam noch günstigere Bezugsquellen). Die Gold Edition ist 30 bzw. 20 Euro teurer, während die Ultimate Edition für PC mit satten 109,99 Euro zu Buche schlägt und für die Konsolen 119,99 Euro über den virtuellen Tresen wandern müssen. Allerdings werden auch die Special Editions lediglich rein digital ausgeliefert und beinhalten neben dem Vorabzugang einen 1 Jahres Battlepass, womit ihr die nächsten 4 Spezialisten automatisch freischaltet, sowie einige Skins und im Falle der Ultimate Edition zusätzlich ein digitales Artbook und den Battlefield 2042 Soundtrack zum Download.