Wenn Nutzererlebnis zur Nebensache wird
Apples ehemaliger Werbechef kritisiert neue Reklamepläne
Ken Segall, der über 12 Jahre als enger Vertrauter und Kreativdirektor an der Seite von Steve Jobs arbeitete, hat in einem aktuellen Blogbeitrag Kritik an der strategischen Ausrichtung Apples geäußert. Auslöser ist die Ankündigung, künftig Werbung in Apple Maps zu integrieren.
Der App Store zeigt schon länger Reklame an
Zwischen Erlebnis und Erlös
Für Segall steht dieser Schritt im Widerspruch zu einem Grundprinzip, das Jobs einst zur zentralen Leitlinie des Unternehmens machte: dem kompromisslosen Fokus auf die Nutzererfahrung.
Jobs habe, so Segall, den Erfolg von Apple nicht nur in technischer Innovation gesehen, sondern in der Fähigkeit, Produkte zu schaffen, die Menschen intuitiv und ohne Ablenkung nutzen können. Werbung in Betriebssystemen oder Apps galt für ihn als klare Grenze. Schon Ende der 1990er Jahre habe Jobs eine ähnliche Idee verworfen, als vorgeschlagen wurde, Werbeanzeigen direkt in das Mac-Betriebssystem einzubinden. Jobs lehnte diesen Vorschlag ab, weil er die „reine und elegante“ Oberfläche negativ beeinflussen würde.
Wandel in der Firmenphilosophie
Mit Tim Cook an der Spitze des Konzerns habe sich das Verständnis dieser Werte verändert. Werbung in der App-Store-Suche wurde bereits vor Jahren eingeführt, und nun könnten Anzeigen auch in weiteren Diensten sichtbar werden. Segall sieht darin ein Zeichen dafür, dass die einstige rote Linie zunehmend verschwimmt. Statt allein auf Produktqualität und Kundenerlebnis zu setzen, werde heute stärker auf zusätzliche Einnahmequellen geachtet.
Bald auch in den Apple Karten? Die echten Suchtreffer erst an zweiter Position.
Segall betont, dass diese Entwicklung nicht zwingend ein technisches Problem sei, sondern ein kulturelles. Die einstige Haltung, dass kein Produktdetail die Nutzererfahrung stören dürfe, sei bei Apple nicht mehr so präsent wie zu Zeiten von Steve Jobs.
Die Einführung von Werbung in zentralen Diensten sei daher weniger eine Frage des Designs als des Selbstverständnisses. Für Segall steht fest: Die Entscheidung, was Apple künftig ausmacht, liegt nicht mehr in einer unverrückbaren Philosophie, sondern in der jeweiligen Interpretation der aktuellen Unternehmensführung.


Wenn es dann mal kommt mit Werbung, dann wechselt man halt zu einer anderen Karten-App ohne Werbung.
Zum Beispiel?
da bin ich auch der Meinung.
Interessant wie (absolut korrekt) Jobs das wahrgenommen hat. Tatsächlich nutze ich den App Store nicht mehr zum stöbern, sondern informiere mich anderswo über verfügbare Apps, seit dort Werbung angezeigt wird.
Find die Idee mit der Werbung auch blöd, aber wie lange werden wir noch diese wirklich sinnfreien Aussagen a la „Steve Jobs hätte das nicht gemacht“ noch lesen? Apple muss sich weiterentwickeln, und nicht alles wird uns gefallen oder richtig sein. Aber sich nur an Steve zu orientieren ist einfach langweilig.
Ich lese den Artikel nicht so, dass man sich in allem an Jobs orientieren soll, sondern ein ehemaliger Mitarbeiter erläutert (nachvollziehbar), warum sich Jobs gegen Werbung entschied.
Eigentlich wundert mich, das beim Buchhalter Cook noch nicht angekommen ist, das Customer Centricity langfristig besser für den Umsatz ist.
Der iPhone-Kunde ist eben nicht der Werbekunde. Wenn man sich also auf den iPhone-Kunden konzentriert, kann man keine Werbung schalten.
Aber was interessiert den CEO einer Aktienfirma kurz vor der Rente schon die langfristige Betrachtung?! Jetzt wird um jeden Preis noch jeder kurzfristige Effekt mitgenommen und dann kann sein Nachfolger schauen, wie er (oder sie – aber seien wir realistisch: es wird ein weißer Mann sein) das wieder ausbügelt.
Ich schätze, Tim wird sich noch für das iPhone XX feiern lassen und dann setzt er die Segel.
Ich kann mich noch an iAd erinnern, welche Steve Jobs eingeführt hat. Steht das im Gegensatz zu diesem Artikel, welcher behauptet, Jobs war gegen Werbung?
Guter Punkt und gerade deshalb ein schönes Beispiel. Der Verweis auf iAd unterstreicht den Kern der Aussage eigentlich perfekt. Steve Jobs wollte mit iAd ja keine Werbung im klassischen Sinn, sondern ein Format, das den gleichen Anspruch an Gestaltung und Nutzererlebnis hatte wie die eigentlichen Apps. Jede Anzeige sollte wie eine kleine, interaktive Mini-App wirken, hochwertig, bewusst aufgerufen und mit echtem Mehrwert. Es ging nicht darum, Nutzern ungefragt etwas zwischen Karte und Kalender zu schieben, sondern darum, dass Werbung nur dann stattfinden sollte, wenn sie gewünscht und stimmig ins Erlebnis passte. Genau dieser Unterschied zeigt, wie klar Jobs’ Anspruch formuliert war und wie weit Apples aktuelle Ansätze davon entfernt sind. Hier zur Erinnerung die iAd-Präsentation mit der E-Auto-App: https://www.youtube.com/watch?v=nF966Uij-UA
Ich stimme zu. Die iAds waren im Kern unaufdringlicher und weniger manipulierend als die Werbung im App Store, bzw. dem Plan zu Karten oder sogar in den Google-Suchergebnissen. Wenn ich mich richtig erinnere, boten iAds auch interaktive Elemente. iAds war Werbung neu gedacht/umgesetzt.
Ich zahle gerne, sowohl für Hard- als auch Software ein bisschen (mehr) Geld um dafür keine Werbung zu bekommen. Wenn ich ein iPhone kaufe, wo vergleichbare Smartphones ein paar hundert Euro günstiger sind, ist das für mich in Ordnung solange ich keine Werbung sehe.
Sollte Werbung noch weiter integriert werden, so kann ich auch zur Konkurrenz wechseln.
Die inzwischen genauso viel kostet und du tatsächlich mit Werbung vollgemüllt wirst?
„Segall sieht darin ein Zeichen dafür, dass die einstige rote Linie zunehmend verschwimmt. Statt allein auf Produktqualität und Kundenerlebnis zu setzen, werde heute stärker auf zusätzliche Einnahmequellen geachtet.“ Ein kluger Mann, der Hr. Segall.
Daraus folgt: Wenn die Produktqualität sinkt, bedarf es anderer Einnahmequellen.
Ich sehe persönlich kein Produkt, wo die Qualität nachgelassen hat.
Auch ein Unternehmen wie es Apple ist, muss mit der Zeit gehen. Es muss sich anpassen, neue Möglichkeiten austesten und Entscheidungen treffen, die nicht jedem gefallen werden. Herr S. arbeitet nicht mehr bei dem Unternehmen (aus Gründen) – andere würden ihm widersprechen und die Idee für gut befunden. Wem möchte man nun Glauben schenken?
Eben. Das hat seine Gründe warum er dort nicht mehr arbeitet.
Damit verschwimmt meine rote Linie zur Android Konkurrenz leider auch.
Was nun nicht heißt, dass im Playstore auf Geräten mit Android keine Werbung präsentiert werden würde.
Ich verstehe noch nicht, wieso immer alle Werbung = schlecht setzten.
Mir ist es oft selbst widerfahren, dass ich eine App in der Werbung gesehen habe (zB. im AppStore), auf die ich nie gestoßen wäre, sie heute aber regelmäßig nutze.
Nicht jede Werbung ist wie „Wir kaufen dein Auto“ – Werbung kann auch sinnvoll angepasst sein – auf Bedürfnisse, Interessen, aktuelle Themen.
Ich bin Marketing Manager. Die Aufgabe von Werbung ist, dich auf Angebote hinzuweisen. Das ist im Idealfall immer nützlich, denn dann hat man genau die richtige Zielgruppe erreicht.
Wenn man davon ausgeht, dass dieses Geschäftsmodell für die Kunden attraktiv ist (sonst könnte sich diese Firma ja nicht halten), ist auch die Schuhmacher-Werbung nützlich.
Ich vermute aber, dass sie viel zu breit (auch an Leute, die ihr Auto (aktuell) nicht (darüber) verkaufen und viel zu oft (repetitiv) ausgespielt wird, sodass sie zu viele Leute erreicht, die nicht Zielgruppe und irgendwann von der Unterbrechung genervt sind.
Wenn eine Werbung aber so nützlich ist, dass sie Apples Kunden (und zwar ausnahmslos allen, denen sie gezeigt wird) nützt und dann auch noch absolut neutral ist (also der beste Anbieter wird prominent angezeigt – nicht der, der am meisten zahlt), dann kann Apple dafür eigentlich kein Geld nehmen, denn dann ist die Werbung ein Mehrwert für das Apple-Produkt.
Also wenn ich in Apple Maps „Steakhouse“ eingebe, ist jedes Suchergebnis ein Mehrwert. Es werden neutral alle Steak-Häuser aufgelistet und ich kann aussuchen.
Wenn die obere Bildschirmhälfte jedoch von Werbung für das Blockhouse gefüllt ist, werde ich auf dem halben Bildschirm zu einem speziellen Lokal verleitet und andere, die vielleicht besser, gemütlicher oder günstiger wären gehen unter.
Die nützliche Information wird also von bezahlten Anzeigen verdrängt. Im Ergebnis wird es schwieriger, die nützliche Information zu finden.
Ein gutes Beispiel sind Google-Suchergebnisse. Da ist die Werbung ja auch gefühlt immer höher gerutscht und immer mehr geworden und die Darstellung wurde verändert, sodass vielen Nutzern gar nicht aufgefallen ist, dass sie eigentlich gerade auf bezahlte Werbung statt auf ein „neutrales“ Suchergebnis tippen.
Die kristisiere ich auch.
Dank der EU kann man sich ja eine beliebige andere Kartanapp als Default festlegen