Für absurdes Gendermarketing
Goldener Zaunpfahl 2022: Negativ-Preis für „Bibi & Tina“-App
Der „Goldene Zaunpfahl“ ist als Negativ-Preis für absurdes Gendermarketing weder besonders beliebt noch bekannt, erfüllt aber eine wichtige Funktion. Rückt die Auszeichnung doch Konzerne ins Rampenlicht, die auf längst überholte Rollenbilder setzen, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten.
Tempo: Astronautin mit Waschmaschine
Marketing-Aktionen, die einerseits zum Schmunzeln anregen können; etwa wenn Tempo die Reißfestigkeit seiner Taschentücher mit einer Astronautin bewirbt, die ihre Waschmaschine, warum auch immer, auf dem Mond bedient und sich auf dem Erdtrabanten über die Maschinentauglichkeit des Schnupfen-Klassikers freut, geht andererseits jedoch mit greifbar negativen Konsequenzen einher. Etwa wenn identische Produkte in der Ausführung für ein Geschlecht teurer ausfallen als für das andere, oder in der Frauen- bzw. Männer-Version in minderwertiger Qualität angeboten werden.
Was etwa die Themenvielfalt von Kinderbüchern angeht, sind die speziell auf Mädchen ausgerichteten Titel noch immer mit deutlich kleineren Universen versehen. Während Jungs Abenteuer erleben, die Welt entdecken, Fälle lösen und gefährliche Aufgaben meistern, hält es weibliche Protagonistinnen noch immer vorwiegend auf Reiterhöfen, beim Kochwettbewerb oder in der nähe von Hundewelpen auf – tauchen hier dann doch mal Gefahren auf, dann hilft in der Regel ein zufällig anwesender Junge und rettet den Tag.
Jungs nicht Teil der Zielgruppe
Um auf eben jene Klischees aufmerksam zu machen und dem Handel dafür auf die Finger zu klopfen wurde der Goldene Zaunpfahl etabliert. Dieser wurde nun auch in seiner Ausgabe 2022 wieder vergeben und zeichnet in diesen Jahr sieben Nominierte aus, zu denen auch die für iPhone und iPad erhältliche Applikation „Bibi & Tina: Pferde-Abenteuer“ der Blue Ocean Entertainment AG zählt. Der diesjährige Gewinner des Goldenen Zaunpfahls.
Unter der Überschrift „Eine Welt ohne Jungen“ kritisiert die Jury hier, dass der Hersteller Jungen als Zielgruppe quasi vollständig ausschließt und argumentiert in der Begründung zur Nominierung:
Eigentlich könnte man meinen, für das Spielgeschehen bei „Bibi und Tina“ selbst ist es völlig egal, ob die Figur männlich oder weiblich ist. Wenn Mensch Pferde mag, mag Mensch Pferde und all das Hufekratzen, Gestriegel und Geschniegel, was dazu gehört.
Völlig unnötig, diese Präferenz in ein rosa Gewand zu hüllen und allein für Mädchen zu reservieren. Die Festlegung des Herstellers, allein weiblich gelesene Spielfiguren anzubieten, legt auch die Genderperformance auf eine bestimmte Verhaltenserwartung fest. Mädchen – und nur Mädchen – mögen Pferde und schauen Bibi und Tina. Und alle haben lange Haare. Das ist absurd: Das Spiel gibt keinen Raum für eine Genderperformance, die von der heteronormativen Rosa-Blau-Kodierung abweicht. Was ist mit dem kleinen Anton, der Bibi und Tina-Fan ist und sich in der virtuellen Welt seiner Leidenschaft hingeben möchte? […]